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Das Tabakgesetz und seine geplanten Inhalte
Man könnte meinen, dass 511 Stellungnahmen im parlamentarischen Begutachtungsverfahren sowie teils geharnischte Kommentare staatlicher Organisationen und monatelange Verhandlungen der Tabakindustrie einfach ingnoriert wurden.
Denn auch die im Ministerrat eingelangte Fassung der Novelle zum Tabakgesetz (= nationale TPD2-Umsetzung) strotzt vor Überreglementierungen, Verordnungsermächtigungen und unnötigen Verboten. Von einer "1:1-Umsetzung der Tabakrichtlinie" kann jedenfalls keine Rede sein. So werden nun die Parlamentarier - voraussichtlich gegen Ende April - entscheiden, ob das einseitige Anti-Tabak-Konvolut aus dem Gesundheitsministerium noch eingebremst oder kritiklos durchgewunken wird.
Verbieten statt begreifen
Dieses Motto ist schon in den Begriffsbestimmungen des Paragraph 1 zu finden: Hier wird statt dem gebräuchlichen Begriff "Feinschnitt" die umständliche Formulierung "Tabak zum Selbstdrehen" verwendet - nur um diesen im weiteren Satz als "Tabak, der vom Verbraucher oder von Verkaufsstellen zum Fertigen von Zigaretten verwendet werden kann" zu definieren.
Beim Verbot des Inverkehrbringens (§2) wurde die bisherige Formulierung, welche klar zwischen "Tabakerzeugnissen, die für einen anderen Gebrauch als Rauchen und Kauen bestimmt sind" (= Snus) und Kautabak unterscheidet, aufgehoben. Nun soll jegliche Form des oralen Tabakkonsums verboten sein, obwohl sich weder die Studienlage dazu geändert hat, noch Kautabak durch dei TPD2 verboten wird.
Verordnungsermächtigungen
Dafür gibt sich das Gesundheitsministerium nach wie vor jeglichen Spielraum, zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Verordnungswege das Gesetz zu verschärfen: Im Dienste des Verbraucherschutzes (§ 3) dürfen herstellungsnotwendige Zusätze und Hilfsstoffe, Höchstmengen für Geruchs- und Geschmacksstoffe sowie für Pflanzenschutzmittel festgelegt werden.
Für Emissionen (Rauchinhaltsstoffe nach §4) wird eine Ermächtigung festgeschrieben, "aufgrund erwiesener gesundheitlicher Gefahren" deren Höchstwerte per Verordnung zu senken. Neu macht man sich hier zwar von der "Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrats" abhängig, dessen Zustimmung zu einer Vorlage des eigenen Gesundheitsministeriums dürfte jedoch eher Formsache sein. Ach ja - die Messverfahren werden auch per Verordnung geregelt. Nur auf die Packung drucken darf man die Werte bekanntlich nicht mehr.
Entmündigter Verbraucher
Künftig kann der Kunde nur noch nach Marke und Packungsfarbe entscheiden, was er kauft. Alle weiteren Informationen wie Kondensat oder sogar das Fehlen von Zusätzen etc. dürfen nicht mehr angeführt werden.
Besonders kurios wird die Einschränkung der Werbung für Tabakprodukte, welche ja ohnehin nur noch in der Trafik erlaubt ist. Hier dürfen Tabakerzeugnisse nicht "durch Darstellung von rauchenden oder zum Rauchen auffordernden Personen, deren Alter unter 30 Jahren liegt oder die vom Verbraucher für jünger als 30 Jahre gehalten werden können" beworben werden. Die ersten Klagen gegen Konzerne sind da schon absehbar - schließlich braucht dazu nur jemand zu behaupten, dass die Person am POS-Material "ja nie und nimmer 30 sein kann!". Man beweise das Gegenteil dieser subjektiven Einschätzung. Gibt es eigentlich einen Grund, dass das Rauchen ab 16 Jahren erlaubt ist, werbende Protagonisten aber schon ihre Midlifecrisis erlebt haben müssen?
Probennahme
An jeder Stelle der Produktions- und Wertschöpfungskette ermächtigt sich das Ministerium, Proben zu ziehen. Theoretisch also auch in der Trafik. Eine Entschädigung gibt es erst ab einem Warenwert von mehr als 150 Euro und auch dann nur auf Verlangen. Ein Mitarbeiter der AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH) kann also jederzeit im Geschäft auftauchen und drei Stangen Zigaretten gegen eine Quittung mitnehmen - der betreffende Trafikant hat dann halt Pech gehabt. Die gezogene Probe wird dann aufgeteilt: Die Hälfte nimmt die AGES mit, die andere Hälfte "darf" der stocksauere Trafikant auch noch zu Vergleichszwecken aufbewahren ...
Zulassung & Meldepflicht
Neuartige Tabakerzeugnisse sollen nach wie vor einer Zulassung nach dem Muster von Arzneimitteln unterworfen werden. Die TPD2 hätte hier ein bloßes Meldeverfahren vorgesehen. E-Zigaretten und Liquids müssen vom Hersteller oder Importeur mindestens sechs Monate vor Inverkehrbringen gemeldet werden. Die bisherige Gleichbehandlung beider Produktgruppen ist damit zumindest gefallen.
Für die Tabakindustrie gibt es eine kleine positive Meldung: Zwar sind die Kosten für ein Zulassungsverfahren nach wie vor nicht definiert, sie wurden aber zumindest wie gefordert auf "marktkonform und angemessen" eingeschränkt.
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