Manager für sensible Genusswaren
Lieferantenauswahl, Sortimentsgestaltung, Warenpräsentation, Kundenbetreuung, Mitarbeiterführung, Weiterbildung bis hin zur Stress- und Konfliktbewältigung – Trafikant*innen benötigen heute ein ganzes Bündel an unternehmerischen Fähigkeiten, um dauerhaft erfolgreich zu bleiben. Ein Blick hinter die Kulissen des Trafikantenalltages.

Eine Packung Zigaretten, eine Zeitung, ein Lottoschein und danach noch ein kurzer Smalltalk mit dem Trafikanten bei einem Coffee-to-go – das ist für viele Stammkunden von Tabakfachgeschäften ein oft tägliches und liebgewonnenes Ritual. War es früher noch der kleine Greißler oder das vom Aussterben bedrohte Wirtshaus auf dem Land, dienen heute viele Trafiken als soziale und kommunikative „Grätzltreffpunkte“ für die Bewohner der Umgebung, welche einen fixen Platz in ihrem Alltag einnehmen. Der Alltag eines vielbeschäftigten Trafikanten bleibt jedoch den meisten Kunden verborgen. Und dieser hat sich in den letzten Jahren ziemlich verändert, wie man auch am stetig wachsenden Produktsortiment erkennen kann: Zu den klassischen Tabakwaren wie Zigaretten, Zigarillos und Zigarren gesellen sich inzwischen innovative Lifestyle-Produkte wie Nikotinpouches, E-Zigaretten und Tabakerhitzer, Produktneuheiten wie CBD-Hanfblüten sowie E-Loading-Produkte wie Handywertkarten, SIM-Karten, Spielebons, Thermen- und Hotelgutscheine sowie jede Menge Tickets – egal ob für Klassik-, Pop-, Rock- oder Jazzkonzerte, Festivals, Ausstellungen oder Sportevents.
Herausforderung Warenpräsentation
Die verkaufsfördernde Präsentation des Produktsortimentes am Point of Sale mutiert damit zu einer echten Managementaufgabe. Denn auf einer meist kleinen und räumlich begrenzten Regalfläche sollen nicht nur unzählige verschiedene Tabak-, Zigarren- und Zigarettensorten untergebracht werden, sondern auch trendige „Next Generation Products“ (NGPs), mit denen genussvoll gedampft, erhitzt, gekaut und entspannt werden kann. Hinzu kommt, dass die teilweise recht unterschiedlichen Formen und Größen von NGP-Verpackungen die Wahrnehmung und Sichtbarkeit beim Kunden oftmals erschweren. „Leider können die vorhandenen Regalflächen und Thekendisplays nicht so einfach ausgeweitet oder vergrößert werden. Deshalb lieber das Sortiment etwas reduzieren und dafür öfters etwas Neues ausprobieren“, empfiehlt Karin Sabitzer, die als ehemalige Trafikantin und selbstständige Beraterin ihr langjähriges Branchenwissen in praxisorientierten Workshops an Trafikanten weitergibt.
Weiterbildung als Schlüssel zum Erfolg
Die To-do-Listen im Leben eines Managers für sensible Genusswaren, der frischen Wind in sein Geschäft bringen möchte und im ständigen Kontakt mit Menschen ist, sind daher entsprechend lang: Wie kann ich meine Kunden noch besser betreuen, die Sortimentsgestaltung und Warenpräsentation optimieren, meinen Umsatz und Gewinn steigern oder herausfordernde Situationen in meinem Team erfolgreich bewältigen? In den von Sabitzer angebotenen zweitägigen Workshops für Trafikanten und deren Mitarbeiter stehen beispielsweise die richtige Platzierung von Verkaufswaren und Werbemitteln, Cross-Selling-Methoden für lukrative Zusatzverkäufe, Stress- und Konfliktmanagement, Produkteinschulungen bis hin zur automatisierten Waren- und Lagerbewirtschaftung auf dem Programm. „Heute gewinnen vor allem innovative Kassensoftware-Lösungen an Bedeutung, die eine effizientere Verkaufsabwicklung und bessere Lagerverwaltung ermöglichen“, verweist Sabitzer auf die Vorteile der fortschreitenden Digitalisierung. „Automatische Bestellungen, Warenbuchungen, Zeitschriftenverwaltung, Inventuren und Stammdatendownload per Knopfdruck erleichtern das Arbeiten in der modernen Warenwirtschaft und sparen Trafikanten dadurch extrem viel Zeit.“
Da Trafiken ein sicherer Vertriebskanal für sensible Genussprodukte sind, ist auch die Einhaltung des Jugendschutzes ein wesentlicher Eckpfeiler, der in den strengen Standesregeln festgeschrieben ist. Die jüngsten Kassensystem-Generationen vereinfachen und unterstützen Trafikanten und ihr Personal deshalb auch beim wichtigen Thema Jugendschutz: Wird der Button „Alters-Check“ gedrückt, öffnet sich eine Abfrageseite, auf der das Geburtsdatum der zu überprüfenden Person eingetragen werden kann. Nach dem Bestätigen wird umgehend in Grün oder Rot angezeigt, ob die Person berechtigt ist, sensible Genusswaren zu erwerben.
Stabile Marktentwicklung im Jubiläumsjahr
„Mit unseren über 4.500 Trafiken – davon werden laut MVG rund 42 Prozent von Frauen geführt – schaffen wir regionale Arbeitsplätze, bilden das größte soziale Unternehmensnetzwerk in Österreich und zählen zur systemrelevanten Infrastruktur“, betont Andreas Schiefer, Trafikant und Gremialobmann in der Wirtschaftskammer Wien. Dies belegen auch aktuelle Zahlen aus dem Vorjahr, welches mit 240 Jahren Tabakmonopol in Österreich ein denkwürdiges Jubiläum markiert: So konnten die heimischen Tabakfachhändler 2024 trotz eines leichten Rückgangs des Zigarettenabsatzes um 0,6 Prozent sowohl Umsatz als auch Handelsspannenerträge wieder deutlich steigern. Weil rund 70 Prozent des Ertrages einer Trafik aus dem Verkauf von Tabakwaren stammen, freut das naturgemäß auch den österreichischen Staatshaushalt: Denn nach der Mineralölsteuer stellt die Tabaksteuer mit aktuell mehr als 2,1 Milliarden Euro die zweitbedeutendste Einnahmequelle aus Verbrauchsteuern dar.
Wissenswertes für Einsteiger
Die Konzessionsvergabe für eine Trafik, welche von der Monopolverwaltung GmbH öffentlich ausgeschrieben wird, ist erst nach erfolgreichem Absolvieren der Trafikakademie möglich. Interessenten müssen dazu im Vorfeld einen Eignungstest ablegen und ein Tabakfachhändlerseminar absolvieren. Dieses besteht aus einem achttägigen Basismodul inklusive schriftlicher Prüfung, einem verpflichtenden Praktikum und einem Aufbaumodul.
Die theoretische Grundausbildung umfasst dabei die Bereiche Monopolrecht, Arbeitsrecht, Wirtschaftliches Denken, Buchhaltung/Bilanz/Belegwesen, Kundenkommunikation, Rohtabakschulung, Warenkunde, Barrierefreiheit/Förderwesen und Sicherheit in der Trafik. Der praktische Teil des Basismoduls beinhaltet eine Einschulung im Tabakwarenbestellmanagement, Planung von Nebenartikel- und Dienstleistungssortiment, Kassaführung mit Warenbewirtschaftung, computerunterstützte Zeitschriftenverwaltung, optimierte Automatenbetreuung und Tipps zu Buchhaltung und Belegmanagement in einer von 100 Ausbildungstrafiken.