Wie fair ist die „Ablöse neu“?
Seit der Einführung der bundesweiten Ablöseregelungen sind immer wieder Klagen von übergebenden Trafikanten zu hören. Wir haben Klaus W. Fischer in seiner Eigenschaft als Gutachter zum Gespräch gebeten.


Können Sie die „Ablöse neu“ in wenigen Worten erklären?
Erstmals wird zwischen Monopolbereich und Nichtmonopolbereich unterschieden: Für die Bewertung des Monopolbereichs werden nur die Sachwerte (anteilige Geschäftsausstattung und Warenlager) herangezogen.
Einen Ertragswert kann es nur im Nichtmonopolbereich geben, wenn auf Basis der vergangenen drei Jahre im Bereich der Nebenartikel, Zeitschriften und bei den Provisionsgeschäften wie E-Loading, Lotto oder Sportwetten auch für die Zukunft ein entsprechender Ertragsüberschuss zu erwarten ist. Und bei den Provisionsgeschäften geht es immer nur um die Höhe der Provision, nicht um den Umsatz.
Die reinen Sachwerte stellen für die Bewertung einer Trafik aber immer die absolute Untergrenze dar.
Ich höre häufig Klagen wie „Ich habe so viel für mein Geschäft bezahlt, und jetzt würde ich fast nix mehr dafür bekommen!“ Wo sitzen die Verlierer der Neuregelung? Und gibt es auch Gewinner?
Die Gewinner sind klar: Jeder, der bisher nur die Sachwerte bekommen hätte, darf sich – bei entsprechendem Geschäftsgang im Nichtmonopolbereich – nun auch über eine Ertragswert-Komponente freuen. Diese Trafikanten bekommen also eventuell mehr Ablöse, als sie selbst bezahlt haben, ganz sicher aber nicht weniger als mit der vorherigen Regelung.
Als Verlierer fühlen sich viele, die bislang die Ablöse auf Basis des Tabakumsatzes hatten. Wobei man auch hier realistisch sein muss: Gerne wird das eigene Geschäft in seiner Ertragskraft überschätzt. Und eine vor 20 oder 30 Jahren bezahlte Ablöse ist eine Investition, die längst abgeschrieben und verdient sein muss.
Lässt sich eine ungefähre Umsatzgrenze definieren, ab der ein Ertragswert wahrscheinlich wird?
Mit Tabakumsätzen von deutlich unter einer Million geht sich ein Ertragswert im Nebenartikelbereich meistens nicht aus. Viel mehr als am Umsatz liegt es aber an einzelnen Faktoren, ob ein Geschäft einen Ertragswert hat – und da kann ein kleineres Geschäft mit günstigem Mietvertrag und wenig Personal deutlich besser abschneiden als eine Hochglanztrafik in Bahnhöfen oder Einkaufszentren mit hohen Umsätzen, aber ebenso exorbitanten Miet- und Personalkosten. Man muss sich wirklich jeden Einzelfall im Detail ansehen.
Welche Handlungsempfehlung kann man für Trafikanten abgeben, die in einigen Jahren ihr Geschäft an jemanden außerhalb der Familie weitergeben oder verkaufen werden?
Steckt man viel Geld in Einrichtung und Modernisierung, so hat man davor weniger Gewinn, aber dafür später eine höhere Ablöse. Investiert man gar nichts, dann macht man zwar höhere Gewinne, das Geschäft ist bei der Weitergabe aber weniger wert. Persönlich finde ich, man sollte seine Trafik so führen, dass die Kunden gerne kommen und vielleicht auch mehr einkaufen – und dafür darf das Lokal nicht abgewirtschaftet wirken.
Können Sie in Ihrer Eigenschaft als Gutachter ein erstes Resümee ziehen? Wie gut ist die „Ablöse neu“?
Ich halte es für ein großes Verdienst von Monopolchef Hannes Hofer und Bundesgremialobmann Josef Prirschl, dass wir jetzt ein einheitliches, wissenschaftlich fundiertes Berechnungsmodell haben, das im Falle einer späteren Klage des übernehmenden Neotrafikanten auch vor Gericht halten würde. Mit Professor Bertl hat man sich auch den Papst der österreichischen Unternehmensbewerter ins Boot geholt.
Außerdem ist es für Überlasser wie Übernehmer gerecht. Das Tabakmonopol lebt ja von der Trafiknachfolge – werden die Geschäfte zu teuer gibt es keinen Nachfolger. Da ist es praxisgerecht, wenn schwächere Standorte zum reinen Sach- oder Substanzwert abgegeben werden und auf der anderen Seite Trafiken mit guten Ertragswerten auch eine höhere Ablöse erzielen.
Danke für das Gespräch.
Das vollständige Interview mit Klaus W. Fischer finden Sie ab 22. März 2019 in der druckfrischen Trafikantenzeitung.