Jubiläum
Fünf Jahre Dios Tabaco
Dass das Fazit eines Gesprächs am Anfang steht, ist unüblich. Doch der wichtigste Satz von Johann Gallée lautet unmissverständlich: „Ich kann mir nichts anderes mehr vorstellen“. Was mit Neugierde begann, stellt heute ein mit Leidenschaft geführtes Geschäft dar. Das spürt man jede Minute, in der der Zigarrenhändler seinen zweiten Karriereweg Revue passieren lässt. Rund 25 Jahre lang hatte der Bankmanager aus Niederösterreich wie viele andere Genießer auch seine Zigarre geschätzt, ehe er 2017 einen radikalen Branchenwechsel vollzog. „Ich hatte das Glück, bei „Dios Tabaco“ in Vorarlberg als Verkäufer einsteigen zu können“. Das Angebot kam zum richtigen Zeitpunkt, denn dank finanzieller Absicherung beim bereits erfolgten Bank-Ausstieg ließ sich so eine langjährige private Passion zum Beruf machen.
„Etwas mit Zigarre machen…”
Denn die pure Leidenschaft für das Rauchen reicht in Österreich nicht: Sich selbständig zu machen, sei keineswegs leicht in der Branche, so Gallée. Kenner des Tabakmonopolgesetz wissen schließlich, dass jede neue Importfirma bereits im ersten Betriebsjahr einen Umsatz von einer Million Euro (!) nachweisen können muss. Eine beträchtliche Hürde, doch auch hier hatte der Niederösterreicher Glück: Seine Chefs, das Ehepaar Marlies und Wolfgang Held, wollten in Pension gehen. Aus dem spontanen Hineinschnuppern in den Tabakhandel wurde somit der Start als Unternehmer: Der „Außendienstler“ aus dem Osten übernahm das gut eingeführte Importhaus im Westen Österreichs – samt Topmarken wie Arturo Fuente, J. C. Newman oder Don Pepin Garcia.
Im November 2019 erfolgte bei „Dios Tabaco“ dann auch der formale Umzug vom Bodensee nach Wiener Neustadt. Mit den guten Kundenkontakten des Außendienstlers, der davor zwei Jahre viel in den Trafiken des Landes unterwegs war, sah alles gut aus. Doch fünf Buchstaben bremsten den Zauber des Anfangs aus: COVID. „Ich bin zu meinen Kunden durch menschenleere Städte gefahren, das war fast surreal“, erinnert sich Gallée an das erste Betriebsjahr. Im Rückblick allerdings ergab sich eine große Chance für das junge Unternehmen, „da der Lockdown einen exorbitanten Zigarren-Boom auslöste, den so keiner vorhersehen konnte“. Unter anderem, so seine Marktbeobachtung, „interessieren sich auch junge Leute, die gar nie Zigaretten ausprobiert haben, nun für die Zigarre“. Umso bedauerlicher sei dabei die restriktive Politik in Sachen Genuss: „Wem schadet es, wenn man in Raucherlounges seine Bestellung an der Bar aufgibt und dann selbst sein Glas abserviert“?
360 Produkte und viel Erklären
Wirtschaftlich umfasst Gallées Portfolio heute Zigarren mit Stückpreisen von 2,80 bis 110 Euro. „Das Gros dabei stellen jene Produkte zwischen neun und 15 Euro“. Es ist ein leistbares Segment, mit dem sich auch eine der wichtigsten Maximen des jungen Handelshauses verbindet: „Es geht mir darum, möglichst viel Wissen zu vermitteln, was die Herstellung der Zigarre betrifft. Wieviel Zeit darin steckt, aber auch wie viele Arbeitsschritte“. Denn dann sei der Preis nicht mehr das beherrschende Thema. Diesen Bildungsauftrag erfüllt man z. B. auch mit einer eigens angefertigten Zigarren-Serie. Filler und Umblatt sind dabei stets gleich, die Deckblätter hingegen wechseln. „Da gibt es dann auch bei Kennern echte Aha-Erlebnisse, wie groß dieser Einfluss auf den Geschmack ist“.
Mit 20 Herstellern unterhält „Dios Tabaco“ Geschäftsbeziehungen, womit den Trafiken landesweit an die 360 verschiedene Produkte zur Verfügung stehen. Für dieses Jahr steht daher auch eine Erweiterung des Lagers in unmittelbarer Nähe zum Firmenstandort am Neustädter Domplatz an. Als Spezialist für nicht-kubanische Fabrikate kam Gallée auch die 2022 eingeführte, neue Preispolitik Havannas gelegen. Denn aufgrund der Verteuerung bekannter Marken von Habanos S.A. wie Trinidad und Cohiba sind Alternativen gefragt; „Arturo Fuente etwa ist die Ausweichmarke vieler Kuba-Raucher geworden“.
Moses und die „Flor de Salzburg”
Wobei sich das dreiköpfige Team auch mit Innovationen einen Namen in der Community gemacht hat. Die „Flor de Salzburg“ wurde z. B. als Hommage an den Gründer des US-Hauses J. C. Newman, Alt-Österreicher Julius Caeser Neumann, aufgelegt. Die 1938 vom Markt verschwundene Zigarre kam in 100 Kisten mit dem historischen Original-Papier (inkl. Doppeladler und 10 Cent-Preisetikett) nach Österreich. „Damit waren wir schon nach drei Tagen ausverkauft“. Dazu kommt auch die exklusiv vertriebene Zigarrenschere „Smoking Moses“, die aus der italienischen Messer-Hauptstadt Maniago stammt. Trafikanten-Partner dürfen sich aber auch in den nächsten Jahren auf Neues aus Neustadt freuen. „Wir verwenden täglich eine halbe Stunde darauf, vor allem den US-Markt auf spannende Neuheiten hin zu scannen“.Roland Graf