"Zu MARIE wird es noch weitere Informationsveranstaltungen geben müssen ..."

Interview
17.08.2021

 
Wien-Obmann Andreas Schiefer führt eine der 15 Test-Trafiken mit Marie, dem Konto aus der Trafik. Wir haben ihn dazu sowie zu zahlreichen anderen Themen interviewt.
Schiefer hat sein Geschäft unübersehbar als Marie-Standort gekennzeichnet. Das große Geschäft lässt derzeit noch auf sich warten - doch der Wien-Obmann nutzt die Zeit, selbst mit dem Angebot vertraut zu werden.

Sie sind eine der Testtrafiken für „Marie“ – das Konto in der Trafik. Wie läuft es bisher?
Mittlerweile haben Personal und Bekannte Konten eröffnet. Das Geschäft besteht aus viel Reden und langsam Reinkommen. Das geht wie erwartet nicht von jetzt auf gleich. In ein bis zwei Jahren, wenn eine vernünftige Werbeschiene da ist, kann sich das durchaus entwickeln. Zu Beginn ist es mir sogar lieber, sich am Anfang mit der Materie zu beschäftigen und das System weiterzuentwickeln. Da bedanke ich mich auch sehr bei den Kollegen, die beim Probebetrieb mitmachen.

Sind die am Probebetrieb teilnehmenden Geschäfte für die Kunden erkennbar gekennzeichnet? Oder müssen Sie jeden Kunden einzeln auf die neue Möglichkeit ansprechen?
Bei mir gibt es eine Kennzeichnung, von den anderen weiß ich es nicht. 

Worin sind rund um „Marie“ derzeit die größten Herausforderungen zu erkennen?
Derzeit kopieren wir noch Ausweise, das Fotografieren im System funktioniert jetzt noch nicht. Also braucht man Kopierer, Postweg etc. und das dauert. Damit verschiebt sich auch die eigentliche Konto­eröffnung. Die nächste Herausforderung liegt in der möglichen Kredithöhe. Die bank99 bewirbt im Radio Kredite bis 50.000 Euro – das passiert mit Blick auf Marie vielleicht nicht zufällig. Also sollten auch wir uns da etwas überlegen.

Wie sind die Rückmeldungen aus der Kollegenschaft? Ist man allgemein am Thema Bankgeschäfte interessiert? Oder ist das in der Großstadt Wien eher kein Thema?
Nein, das ist auch in Wien ein Thema. Was mir auffällt, ist, dass die Leute sehr interessiert sind, weil ja auch in der Stadt die Filialdichte der Banken sinkt. Manche Kollegen überlegen sich, das naheliegende Pensionistenheim mit Marie zu versorgen.

Die Hochfrequenzstandorte sind da weniger interessiert, was klar ist. Aber das entspricht ja meiner Aussage, dass sich aus dem Nebenartikelkatalog sowie der restlichen Palette jeder das aussuchen soll, was für ihn passt. Dann verkaufen wir zwar alle Tabak, aber das sonstige Sortiment unterscheidet sich – anders als in einem Franchise-System, wo das Angebot überall gleich ist.

Sind die Erwartungen, was Aufwand und Ertrag betrifft, realistisch? Was erwarten Sie kurz-, mittel- und langfristig von „Marie“? 
Da wird es noch weitere Informationsveranstaltungen geben müssen, um den Wissens- und Erwartungsstand auf ein gutes Niveau zu bekommen. Auch an diese Möglichkeit, Geld zu verdienen, muss man fair herangehen: Erst informieren, dann überlegen, ob das zu mir und meinem Kundenkreis passt. Und wenn ja, mit Engagement einsteigen, nicht halb! Wir haben ja den großen Vorteil, unsere Kunden sehr gut zu kennen.

Die Idee der Bankgeschäfte ist ja nur ein Puzzlestein im Versuch, die Trafiken neu aufzustellen. Die EU will mit 2040 ein rauchfreies Europa erreicht haben, gleichzeitig macht die WHO inzwischen Druck auf sämtliche Nikotinprodukte. Muss man sich da vom Prinzip des Tabakmonopols verabschieden? Und wovon sollen heutige Trafiken dann leben?
Jede Einschränkung kostet uns Umsatz. Wir müssen unser Tabakmonopol nicht überdenken, aber seine Strukturen sehr wohl. Weil jeder verlorene Prozentpunkt für uns existenziell ist. Da wird die Strukturpolitik wichtig: Wo sitzt die Trafik? Helfen wir gemeinsam mit MVG, Behindertenverbänden etc. den Kollegen mit schlechten Standorten? Müssen wir die Trafiken den Kundenwünschen entsprechend umgestalten – also mehr Freiraum für jeden Kunden? Vor Nähe schrecken viele Leute aufgrund der Covid-Pandemie inzwischen regelrecht zurück und dem muss man Rechnung tragen.

Da müssen wir viele Möglichkeiten andenken, besprechen und mit Pilotprojekten antesten. Da sind für mich auch Varianten denkbar, eine zweite Trafik, aber diese nur mit Tabakprodukten betreiben zu dürfen – dann sieht man auch, welche Tragfähigkeit das Tabakgeschäft noch hat.

Ein weiterer Faktor sind die hohen Mietpreise, welche die Ertragsstärke eines Geschäfts sehr negativ beeinflussen können.

Was wären produktseitig echte Umsatz- und nicht nur Frequenzbringer?
Ganz wichtig ist, dass die Politik jetzt endlich rund um die Lutschsäckchen Nägel mit Köpfen macht und die Pouches monopolisiert, bevor aus dem Gesundheitsministerium Querschüsse kommen. Und rund um den Hanf und das nicht vollzogene Gesetz müsste man sich ja schon fast eine Amtshaftungsklage überlegen, weil diese Kasperln nix tun! Da geht es einerseits um den legalen CBD-Hanf, der jetzt vermutlich noch nicht DAS Wahnsinnsgeschäft wird. Aber wenn die Hanf-Legalisierung dann einmal wirklich kommt, wären wir als Vertriebskanal schon etabliert.

Eine vernünftige Erweiterung des Nebenartikelkatalogs um das, was Trafikanten in den verschiedensten Regionen verkaufen können, ist ja ohnehin ein Dauerthema für mich. Warum soll sich nicht jeder aus einem breiten Spektrum das aussuchen können, was bei ihm nachgefragt wird? 

Das vollständige Interview können Sie ab 20. August in der druckfrischen Printausgabe der Trafikantenzeitung nachlesen.