Kontroverse
Auf Krawall gebürstet: Kampagne der WHO
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) startet heute offiziell die Kampagne „Stop the Lies“ als nach eigenen Angaben wichtige Initiative zum Schutz junger Menschen vor der Tabakindustrie und ihren tödlichen Produkten, indem sie ein Ende der Einmischung der Tabakindustrie in die Gesundheitspolitik fordert.
Die Art und Weise, wie die WHO hier kommuniziert, ist aber durchaus als problematisch zu bezeichnen. Denn wiewohl ja niemand, auch die Industrie, abstreitet, dass Tabakkonsum langfristig gesundheitlichen Risiken birgt, geht die WHO mit ihrer Kampagne voll auf Konfrontationskurs. Es werden Lügen und Packelei mit der Politik unterstellt. Sogar der gemeinsamen Sache mit Ärzten und Medizinern wird pauschal die ganze Tabakindustrie bezichtigt.
„Die WHO-Kampagne zielt darauf ab, den Stimmen der Jugend Gehör zu verschaffen, die Taktiken der Tabakindustrie zu entlarven und die Öffentlichkeit für die Notwendigkeit zu sensibilisieren, die Gesundheitspolitik zu verteidigen und die Gesundheit künftiger Generationen zu schützen“, so die Kommunikationsstrategie der WHO. Grundsätzlich ja hehre und wichtige Ziele, wenn da nicht subtil den Tabakkonzernen böse Absichten unterstellt werden würden.
Aggressive Rhetorik
Von „manipulativen Praktiken der Tabakindustrie“ ist da die Rede, Dr. Rüdiger Krech, Direktor für Gesundheitsförderung bei der WHO, geht sogar noch weiter. In einem Statement proklamiert er kämpferisch: „Die WHO steht an der Seite junger Menschen auf der ganzen Welt, die von ihren Regierungen verlangen, sie vor einer tödlichen Industrie zu schützen, die sie mit neuen schädlichen Produkten bedroht und dabei offen über die gesundheitlichen Auswirkungen lügt. Wir rufen alle Länder dazu auf, die Gesundheitspolitik vor dieser tödlichen Industrie zu schützen, indem sie ihr keinen Platz am politischen Entscheidungstisch einräumen.“ Wie bitte? Tödliche Industrie?
Unfairer Rufmord
Mit zahlreichen weiteren aggressiven und an den Haaren herbeigezogenen Argumenten wird die gesamte Tabakindustrie angepatzt, und das obwohl seit mittlerweile Jahrzehnten immer strengeren gesetzlichen Vorgaben anstandslos Folge geleistet wird. Sogar Bemühungen wie beispielsweise die groß angelegte Strategie zur „Harm Reduction“ von Philip Morris werden ignoriert, stattdessen liest man höchst problematische Unterstellungen wie „Die Tabakindustrie belügt die Öffentlichkeit seit langem und behauptet sogar, Rauchen verursache keinen Lungenkrebs.“ Das grenzt an Verleumdung und Rufmord und hat in der Kommunikation einer weltweit anerkannten NGO nichts zu suchen!
AGITATION PUR
Demonstranten, Influencer, Mediziner und Ärzte werden in einem Kampagnen-Sujet der WHO als Marionetten der Tabakindustrie dargestellt. Diese Art der Verunglimpfung ist für beide Seiten ein entbehrlicher Affront.
Unmündige, wehrt euch!
In ihrem geradezu missionarischen Eifer schießt die WHO mit der Kampagne deutlich über das Ziel hinaus und erweist den betroffenen Bevölkerungsgruppen einen Bärendienst. Indem sie behauptet „die Tabakindustrie lüge die Öffentlichkeit weiterhin an und nutze verschiedene Möglichkeiten, um Fehlinformationen zu verbreiten, unter anderem durch Tarnorganisationen und Drittparteien, Influencer, gesponserte Veranstaltungen, Finanzierung von Wissenschaftlern und einseitiger Forschung sowie Unterstützung von Initiativen zur sozialen Verantwortung von Unternehmen“ stellt sie große Gruppen der Bevölkerung als unmündige, leicht zu täuschende Dummköpfe hin. Auch ist von „unerbittlichen Bemühungen der Tabakindustrie, ihre Produkte an gefährdete Gruppen, insbesondere junge Menschen, zu vermarkten“ die Rede. Gerade ein junger Mensch, ja sogar im wahrsten Sinn des Wortes jedes Kind, weiß aufgrund jahrzehntelanger Medieninformation, Aufklärung in den Schulen und nicht zuletzt drastischer Veranschaulichungen auf den Packungen von Tabakprodukten ganz genau um die Gefahren des Tabakkonsums Bescheid!
Auch die pauschale Vermengung von Tatsachen nimmt der Kommunikation der WHO leider einen großen Teil an Seriosität. Wiewohl sie sich auf Erkenntnisse aus dem von STOP und dem Global Center for Good Governance in Tobacco Control veröffentlichten „Global Tobacco Industry Interference Index 2023“ stützt, werden im Nachgang vor allem regionale und produktspezifische Unterschiede geflissentlich ignoriert. „Mentholzigaretten und aromatisierte Zigaretten sowie E-Zigaretten mit Süßigkeitengeschmack und auffälligem Design“ werden hier ohne Differenzierung in einen Topf geworfen, auf der Strecke bleibt dabei die nicht unwesentliche Tatsache, dass Mentholzigaretten in der ganzen EU verboten sind...
Es ist unterm Strich sehr schade, dass die Weltgesundheitsorganisation hier deutlich auf Krawall gebürstet ist und auf Diffamierung statt Dialog setzt. Gerade die letzten Jahre haben bewiesen, dass mit radikalen Standpunkten und Diskreditierung von Anersdenkenden niemanden geholfen wird und stattdessen nur gespalten wird. Es bleibt zu hoffen, dass sich die WHO hier nicht selbst ins Aus stellt, denn ihre Arbeit ist nach wie vor wichtig!