Neustart mit Hindernissen

Trafikanten
21.06.2021

 
Sich aufgrund von schweren Gesundheitsbeeinträchtigungen das restliche Leben als Almosenempfänger aushalten zu lassen kam für Thomas Roth nicht infrage – er wurde Trafikant. 
Viel Platz, eine klare Strukturierung und ein freundliches Ambiente kennzeichnen das Innere der Roth-Trafik. Großzügige Platzverhältnisse und das seitlich platzierte Lotto-Board stellen sicher, dass sich Lauf- und Gustierkunden nicht gegenseitig im Weg sind.

Seit Dezember 2019 gibt es im vorarlbergischen Lochau wieder ein Tabakfachgeschäft, wenige hundert Meter von der Grenze zu Deutschland entfernt. Thomas Roth hat mit der eigenen Trafik aus der Not eine Tugend gemacht: „Aufgrund gesundheitlicher Probleme konnte ich nicht mehr in meinem Job als Maschinenbauer arbeiten. Ich wäre für den Rest meines Lebens ein Sozialfall geworden, aber das wollte ich nicht. Also habe ich mich im Freundeskreis informiert. Von einem Freund mit einer ähnlichen Vorgeschichte habe ich den Tipp mit der Trafik bekommen.“ Zwischen der Idee und dem Aufsperren des eigenen Tabakfachgeschäfts sollten aber letztlich drei Jahre vergehen.

Standort & Planung

Eher ungewöhnlich für einen Neueinsteiger hat Thomas Roth nicht nur den Standort selbst ausgesucht. „Es gab da mal vor zwanzig Jahren eine Trafik, aber die existierte schon lange nicht mehr“, erklärt der Trafikant. Auch die Planung folgte eigenen Vorstellungen, die nach Besuchen in vielen Trafiken gereift waren. Das Pflichtenheft war klar: Das neue Geschäft sollte unbedingt behindertengerecht und barrierefrei sein, dazu hell und freundlich. Im Büro sollte man Platz haben. Und auch für die Mitarbeiter wurde eine Sitzgruppe eingeplant. Denn: „Sollen sich die Leute mit der Wurstsemmel auf Kisten setzen? Das geht gar nicht!“, meint Roth, der seinen drei Mitarbeitern einen eigenen Kühlschrank für ihre Jause und Getränke zur Verfügung stellt.

Feinschliff durch Pirker

Ganz zu Beginn war eine Drive-in-Trafik zur Diskussion gestanden. Diese Idee verwarf Roth rasch, als er sich den dafür nötigen Personalaufwand sowie die damit einhergehenden Kosten durchgerechnet hatte. Im Zuge seiner Besichtigungstouren hatten ihm die von Pirker Trafik-Design ausgestatteten Geschäfte besonders gut gefallen, also nahm auch er Kontakt auf. „Da war ich gleich überzeugt. Schon der Erstkontakt war sehr freundlich, und der Chef, der Hubert, hat sich sehr bemüht.“
Pirker übernahm die Basisplanung des Neo-Trafikanten und verpasste ihr den nötigen Feinschliff. Letztlich sollte die Trafik knapp 60 Quadratmeter Verkaufsfläche und gut 30 Quadratmeter Nebenräume bekommen. Der Kiosk wurde dann quasi rundherum geplant und so gebaut, dass er zum Innenraum passt.

Auf die grüne Wiese

Vor dem eigentlichen Bau stand jedoch die Erschließung des Baugrundstücks. Schließlich gab es dort weder für Wasser, Strom, Internet oder Kanal Anschlüsse. Mit lokalen Handwerkern machte sich Thomas Roth – unterstützt durch einen Architekten – an den Bau, der von der Grundstückserschließung bis zur Eröffnung letztlich fünf Monate dauerte. Seine eigene Rolle beim Bau spielt der Trafikant mit dem Einwand „Ich hab ja nur die Brotzeit besorgt“ herunter.
Am 16. Dezember 2019 eröffnete das neue Fachgeschäft mit drei Mitarbeitern, zwei Kassenplätzen und einem quasi aus der Nachbarschaft stammenden 
TopTech-Kassensystem. Roth setzt auf regionale Zusammenarbeit, so haben es auch die Servicetechniker nicht weit zu ihm.

Das Sortiment

Thomas Roth hat das Produktportfolio seiner Trafik durchaus klassisch gestaltet: „Ich führe Zigaretten, Cigarren, Shishatabak und Lutschsäckchen. Dazu Zeitschriften, Billets und natürlich Lotto. Nur E-Zigaretten gibt es bei mir nicht – ich bin schließlich kein Elektrogeschäft!“ Im Normalfall hätte die Grenznähe zum Raum Lindau in Deutschland ohnehin dazu geführt, dass Zigaretten stangenweise im kleinen Grenzverkehr verkauft worden wären.

Normalität? 

Diese Normalität hat Thomas Roth aber nie so richtig erleben dürfen: „Mitte Dezember habe ich aufgesperrt und mit Februar 2020 war es mit den Deutschen dank Corona auch schon wieder vorbei.“ Insofern tut er sich auch schwer mit der Frage, ob das Geschäft seine Erwartungen erfüllt: „Angesichts der derzeitigen Situation ist der Geschäftsgang okay. Natürlich freue ich mich darauf, wenn der ganze Covid-Wahnsinn vorbei ist, der Grenzverkehr wieder anläuft und mein Geschäft sein volles Potenzial entwickeln kann! Mit dem Layout und der Einrichtung meiner Trafik bin ich aber sehr zufrieden. Ich würde alles wieder genauso machen, auch mit denselben Handwerkern, weil das einfach eine sehr gute Zusammenarbeit war. Auch wenn ich jetzt etwas von Pirker brauche und den Hubert anrufe, habe ich das innerhalb einer Woche.“

So bleibt ihm nur, sich vorerst über das freundliche Arbeitsklima und das positive Feedback der Kunden auf sein helles und einladendes Tabakfachgeschäft zu freuen und auf bessere Zeiten zu hoffen. Verdient hätte er sich ein richtiges Durchstarten seiner Trafik allemal.