Pairing

Alte Schule, mit Recht: Weinbrand zur Zigarre

Zigarren
17.04.2024

Man hört den Staub fast mitschwingen, wenn von Armagnac und Cognac die Rede ist. Als Pairing-Partner allerdings punkten die Franzosen in höchstem Maße (und bei teils erstaunlichen Preisen).
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Das bauchigste Glas wird gewählt, die Kerze entzündet und dann dreht der Connaisseur den „Schwenker“ langsam zum Erwärmen über der Flamme. Das Ritual des Cognac-Genusses ist herrlich „old school“ – und ziemlich aus der Mode gekommen. Doch nicht nur, weil langsames Entzünden und Sich-Zeit-Nehmen eine wesentliche Rolle spielen, passt der französische Weinbrand wunderbar zu Zigarren. Dass Armagnac als älteste Spirituose Frankreichs komplett aus der Mode gekommen ist, stellt eine gute Nachricht für Freunde des komplexen „Pairings“ dar. Denn ein 30 Jahre altes Destillat ins Glas zu bekommen, das um zwei-stellige (!) Summen gekauft wurde, ist in jeder anderen Kategorie undenkbar ausgeschlossen.
Technisch unterscheiden sich Armagnac und Cognac vor allem aber durch Rebsorten und Lagerung. Wer Jahrgangsabfüllungen mag, wird in der Gascogne mit ihrem „Bas Armagnac“ bestens bedient. Von hier stammen 80% der Armagnacs. Es sind die kalkigen Böden, die diese Zone unter den drei zugelassenen Herkunftsregionen auszeichnen. Diese Geologie bildet zusammen mit den Rebsorten, die man als normale Tafelweine kaum kennt, die Sonderstellung beider bekannter Weinbrand-Regionen: Gascogne und Charente. Ugni Blanc, Colombard und Folle Blanche haben allesamt kein ausgeprägtes Sortenaroma – wie etwa Traminer, Muskateller oder Sauvignon Blanc – aufzuweisen. Dafür ist ihre Säure hoch, was einen natürlichen Schutz der erzeugten Weine mit sich bringt. So muss der Most nicht geschwefelt werden, was alle Wein-Destillateure begrüßen. Mit niedrigem Alkohol (8-11% vol.) gehen sie in die Brennkessel, das Ergebnis sollen möglichst blumige Destillate sein.

Blume oder Salz – was soll’s sein?

So ist etwa die Veilchen-Duftnote typisch für die nördliche und kühlste Cognac-Herkunftsregion Borderies. Wer hingegen fruchtige Begleitung sucht, sollte sich an die beiden Herzstücke der sechs zugelassenen Zonen halten: Grande Champagne und Petite Champagne. Die größte Rebfläche trägt allerdings die Region Fins Bois. Eher untergeordnete Qualiäten liefern die „Bons Bois“ und „Bois Ordinaires“, wobei zu letzterer Region auch die Weingärten der Atlantikinseln Ile de Ré und Ile d’Oléron gehören. Ihre salzigeren Destillate sind bei Kennern gefragt und „würzen“ etwa leichte und cremige Zigarren. Auch Zigarillos wie die aromatisierten „Toscanello Giallo“ oder „Toscanello Rosso“ bekommen hier einen schönen Gegenpart im Glas.

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Altersfrage: Guter Armagnac braucht Weile, mehr als 30 Jahre Reifezeit sind keine Seltenheit.

Ranzig? Die Suche nach dem „Rancio“

Wesentlich ist aber auch das Alter der Weinbrände, wenn es um Cognac geht. Denn der stammt so gut wie nie aus einem Jahrgang. Unterschiedlich alte Destillate aus den Eichenfässern bzw. Glasballons (für die raren, uralten Destillate in der Schatzkammer, dem „paradis“) werden zur perfekten Cuvée abgestimmt. Die Flaschen-Etiketten gibt dann immer das jüngste Destillat des Verschnitts an. Ein „VSOP” etwa – früher auch „Fünf-Stern-Cognac“ genannt, enthält Destillate (eaux-de-vie), die allesamt vier Jahre oder älter sind. Tatsächlich hat man vor einiger Zeit sogar das Mindestalter für einen „XO“ von sechs auf zehn Jahre erhöht. Ein rarer Fall in der Spirituosen-Industrie, der die gestiegene Güte signalisiert, aber auch technisch für Zigarren-Freunde wichtig ist.
Denn einer der Schlüsselbegriffe der Cognac-Reifung ist „Rancio“. Das aus dem Portugiesischen stammende Wort bezeichnete ursprünglich die Altersnoten eines Madeira, wobei diese Aromen nie ganz klar definiert sind. Der Österreicher würde dieses oxidative Duftbild wohl „überstandig“ nennen. Am besten denkt man an Nuss-Öl mit einem gewissen säurigen Stich. Diese Komponente beginnt sich in den Eichenfässern frühestens ab zehn Jahren zu entwickeln. Je länger die Eaux-de-vie gelagert wurden, desto intensiver wird das „Rancio Charentais“ aber. Vor allem zu schokoladigen Zigarren, etwa Nicaragua-Produkten wie „Padrón“, setzt ein Cognac mit ausgeprägtem Rancio echte Glanzlichter. Ideal wäre dafür eine „Hors d‘Âge“-Qualität mit Jahrzehnte alten Bestandteilen in der Flasche.

Parlez vous Cognac?

Fine Champagne: Damit bezeichnet man keine Anbau-Region, sondern einen Cognac, der eine Mischung von Destillaten aus der Grande Champagne und Petite Champagne darstellt. Mindestens die Hälfte (50%) muss aus der Prestige-reichen Grande Champagne stammen.

Eaux-de-vie: Der Sammelbegriff für die Destillate, wörtlich als „Lebenswässer“ zu übersetzen. Über 1000 sollen es bei Rémy Martins „Louis XIII“ sein.

Schnittmenge ist beinahe garantiert

Um auch für den Armagnac Empfehlungen zu geben: Hier sind aktuell die Abfüllungen der Jahrtausendwende in einer sehr Zigarren-freundlichen Form. Vor allem bewegt sich auch die Alkoholstärke – wenn mit Fass-Stärke abgefüllt, wie traditionell üblich – in einem angenehmen Bereich von rund 44% vol. Damit hält der Brand mit den intensiveren Zigarren mit, ist aber nicht zu dominant für mittelgewichtige Rauchwaren. Doch zurück zu den jüngeren Weinbrand-Qualitäten! Die Würze und dezente Süße von Zigarren mit Sun-Grown-Deckblättern wäre eine gute Ausgangsbasis für alles zwischen einem nicht zu fruchtigen VSOP und einem XO Cognac. Vor allem dominikanische Provenienz hat sich hier bewährt, man denke dabei an Geschmacksprofile wie Arturo Fuentes „Château Fuente“ im Pyramide-Format. Muss es partout Kuba als Herkunft einer Puro sein, dann wäre Romeo y Julieta mit der „Wide Churchill“ eine extrem Cognac-freundliche Wahl. 
Wobei ungeachtet des Manufaktur-Standorts mittlere bis große Formate bevorzugt werden sollten. Denn diese Zigarren haben im Rauchverlauf praktisch alle irgendwann ihren großen Moment zu Cognac. Ist mehr Süße und Vanille beim Destillat im Spiel, wird der im ersten Zigarren-Drittel liegen. Geht es hingegen um komplexere Würze-Töne und das besagte „Rancio Charentais“, spielt sich der höchste Genuss erst nach dem Warmrauchen, in der Mitte der Zigarre, ab. Das ist auch der Grund, Cognac und Armagnac als zweitbeste Destillate zum Rauchgenuss nach dem Rum einzureihen. Und das ist schließlich nicht die schlechteste Empfehlung für den guten alten „Weinbrand“!