Braunware Basisinfo
Die farbenfrohe Welt der Zigarre
Schon die Kundschafter von Christoph Kolumbus trafen auf Kuba Indios vom Stamm der Taino an, die Tabak in Mais-, Palmen- oder Platanenblätter gerollt rauchten – die Vorläufer der heutigen Zigarren. Sie nannten den Tabak übrigens „Cohiba“.
Tabakanbau in Kuba
Der organisierte Tabakanbau in Kuba wurde von den Spaniern 1531 begonnen, die Produktion von Havannas oder Habanos, wie kubanische Zigarren gerne bezeichnet werden, in Kuba startete aber viel später: Die ersten kubanischen Zigarrenmarken wurden in den 1810er-Jahren registriert, zwischen 1830 und 1850 wurden die meisten der heute noch bekannten Premium-Marken wie Romeo y Julieta, Hoyo de Monterrey etc. gegründet. Doch wie sollte man die Habanos-Marken unterscheiden? Der Holländer Gustavo Bock erfand dafür 1850 die Bauchbinde aus Papier als Wiedererkennungsmerkmal für den Export in die ganze Welt.
Das Hauptanbaugebiet liegt in der Provinz Pinar del Rio und hier speziell in der Region Vuelta Abajo, ganz im Westen. Weitere Anbaugebiete sind die Region Remedio in Zentralkuba sowie ein Flickenteppich kleinerer Pflanzregionen im Süden. Es gibt dabei nicht nur unterschiedliche Züchtungen – selbst aus demselben Samen entstehen in den verschiedenen Anbaugebieten je nach Untergrund, Klima und Höhenlage teils markant unterschiedliche Tabake.
Das Tabakland Nicaragua
Als die Revolution unter Fidel Castro 1959 die Tabakpflanzer und Zigarrenhersteller gleich scharenweise aus Kuba vertrieb landeten viele von ihnen in Nicaragua. Die Böden und die prägnant-kräftigen Tabake wurden von den kubanischen Einwanderern aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu Kuba hoch geschätzt.
Nicaragua bietet in der Region Estelí kräftige, würzig-erdige Tabake, in Condega ein ähnliches Geschmacksprofil, aber durch die Höhenlage eine andere Textur und in Jalapa Deckblätter von hoher Qualität. Die Vulkanböden der Insel Ometepe mitten im Nicaragua See wiederum bringen einen Tabak mit süß-schokoladigem Aroma hervor.
Dominikanische Republik
Die Nachbarinsel von Kuba bietet in den Hauptanbauregionen Cibao Valley und Santiago ein sehr ähnliches Klima und fruchtbare Böden, was sie ebenfalls zum Ziel vieler Exil-Kubaner machte. Die DomRep ist – nicht zuletzt auch durch ihre langjährige politische Stabilität - mittlerweile der weltgrößte Zigarrenproduzent und die Heimat vieler klingender Namen wie beispielsweise Davidoff.
Dominikanische Zigarren sind meist weniger stark und auch nicht so prägnant wie jene aus Nicaragua oder Kuba, dafür aber intensiv und facettenreich im Geschmack.
Weitere Anbauländer
Neben Honduras, Costa Rica, Panama und Mexico – bekannt für seine Maduro-Deckblätter aus dem San Andrés-Tal – liefern auch Kamerun, Sumatra und Brasilien (Mata Fina) sowie in geringer Menge auch Peru Tabake und teils auch eigene Zigarren.
Bei den Deckblättern sind die USA mit ihrem unter Sonnenschutz gezogenen feinädrigen Connecticut Shade Tabak wichtig. Ecuador kann dank einer meist vom Pazifik angestauten Wolkenbank auf künstliche Beschattung verzichten und ist mittlerweile der weltgrößte Produzent für Shade-Deckblätter.
Stärke nach Blattstufen
Die Blätter der Tabakpflanzen werden von unten nach oben geerntet. Ganz unten findet sich das leichte Volado-Blatt, gefolgt von den Seco-Blättern der Pflanzenmitte, die schon nikotinstärker und aromatischer sind. Das starke, aromaintensive und langsamer brennende Ligero des obersten Pflanzendrittels wird meist nur in größeren Ringmaßen verwendet – in schlanken Formaten würde ein Übermaß dieses Tabaks den Raucher regelrecht erschlagen.
Das Blending
Traditionell werden zur Erzielung eines gewünschten Geschmacksergebnisses Tabakblätter aus unterschiedlichen Regionen und mit unterschiedlichen Blattstufen vereint. Angesichts sich jährlich leicht verändernder Tabakernten ist für die Konzeption der besten Zigarren viel Wissen und Erfahrung erforderlich - Masterblender wird man innerhalb von Jahrzehnten. Derart entstehen Kombinationen aus mittelamerikanischen und karibischen Einlagetabaken in Umblättern aus Sumatra oder Brasilien unter einem Deckblatt aus Ecuador – zum Beispiel.
Lange ging es bei Zigarren vorrangig darum, möglichst "kubanisch" zu schmecken. Die selbstbewusste Eigenständigkeit nicht kubanischer Longfiller ist noch vergleichsweise jung. Ein noch jüngerer Trend ist die „Puro“, bei der alle in einer Zigarre verwendeten Tabake aus demselben Land stammen. Limitierender Faktor ist fast immer die Verfügbarkeit hochqualitativer Deckblätter in ausreichender Menge. Puros spiegeln durch ihre prägnanten Aromen noch stärker als länderübergreifende Blends das typische Geschmacks- und Stärkeprofil ihres Anbaulandes wieder.
Die Herstellung
Die getrockneten und fermentierten Tabakblätter müssen vor ihrer Verarbeitung erneut befeuchtet und damit geschmeidig gemacht werden. Jede/r Zigarrenroller*in erhält die korrekte Menge der Einlagetabake sowie das Umblatt, in dem die Einlage von Hand gerollt und in Form gebracht wird. Danach wird das Deckblatt mit der glatten Seite nach außen aufgebracht und die Kappe verklebt.
Das richtige Rollen von hochwertigen Zigarren ist eine komplexe Angelegenheit: Die Einlage muss fest genug, jedoch nicht zu fest gerollt werden, um noch einen guten Zug zu ermöglichen. Dazu kommt, dass Longfiller gleichen Formats nicht nur die gleiche Länge und Dicke, sondern auch ein möglichst standardisiertes Aussehen haben sollen. Höherpreisige Longfiller werden ab Werk automatisiert auf Zug getestet und möglichst ähnliche Farbschattierungen werden jeweils zu einem Kistchen zusammen gefasst.
Es gibt jedoch auch Sonderverfahren wie das bei CigarKings verwendete „Entubado“, bei dem jedes Blatt der Einlagetabake zu einer eigenen dünnen Rolle gerollt wird. Diese Rollen werden dann von zwei kreuzweise aufgebrachten Umblättern gebündelt und mit dem Deckblatt umhüllt, das dreifach um den Kopf der Zigarre gebunden wird. Das aufwändigere Bauprinzip soll für einen leichten Zug sorgen.
Formate & Formen
Längen werden bei Zigarren traditionell in Zoll sowie die Dicke als Ringmaß angegeben. Ringmaß 32 ist mit 12,7 Millimetern genau ein halbes Zoll, die gerne als "Inch" bezeichnete besonders dicke Zigarre hat also ein Ringmaß von gigantischen 64. Zu den häufigsten Formaten gehören Robusto (ca. 12,5 cm, Ringmaß 50/19,5 mm), Corona (ca. 14 cm, Ringmaß 42/16,5 mm), Toro (15 cm, Ringmaß 50, also eine verlängerte Robusto), die dünne Lancero (19 cm, Ringmaß 38/15 mm) und Gordo (15 cm, Ringmaß 60/23,8 mm).
Neben den traditionellen Formen mit stumpf abgerundeten Köpfen gibt es die sogenannten Figurados. In diese Gruppe fallen spitz zulaufende Zigarren wie Pyramid, Belicoso und Torpedo, dazu kommen die auch am Fuß verjüngten Formate Perfecto und Diadema. Eine Sonderform sind die Culebras, die feucht zum Zopf geformt werden und entsprechend verdrehte Einzelzigarren ergeben. Figurados sind bei sehr dicken Zigarren praktisch, weil sie noch mit einem herkömmlichen Cutter geschnitten werden können und dennoch in den Mund des Rauchers passen.
Einen wie von Laien gerne vermuteten linearen Zusammenhang zwischen Stärke und Dicke einer Zigarre gibt es nicht. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall: Die schlankeren Formate sind unerwartet kräftig und pfeffrig, während die Gordos & Co. eher mit perfektem Zug, facettenreichem Geschmack und ausgewogenem Aroma überzeugen.
Klimatisches
Im subtropischen Raum der Zigarren-Herkunftsländer herrschen ganzjährig feucht-warme Bedingungen. Direkt nach ihrer Produktion ist eine Zigarre noch zu nass um genussvoll geraucht werden zu können; nach einiger Lagerzeit gleicht sie sich an die klimatischen Bedingungen ihrer Umgebung an und hat dann einen Feuchtegehalt von 65-70 Prozent.
Humidore, meist mit einer von den Zigarrenkistchen bekannten Innenausstattung aus Zedernholz, simulieren mittels Befeuchtern (Gel, Schwamm oder elektronisch geregelt) in trockeneren Regionen wie Europa die Umweltbedingungen der Herkunftsländer und halten ihren Inhalt bei richtiger Pflege ständig im klimatischen Idealbereich. Bei 65-70 Prozent Luftfeuchtigkeit und einer Temperatur von möglichst unter 20 C° können Cigarren fast unbegrenzt gelagert werden. Über Jahre hinweg verändert sich der Longfiller allerdings und reift nach, was ihn meist eine Spur milder, geschmacklich aber vollmundiger und noch facettenreicher macht.
Kritisch wird es, wenn ein Humidor vergessen, der Befeuchter nicht nachgefüllt oder die Box über Monate nicht belüftet wurde. Fehlende Feuchtezufuhr lässt die Zigarren austrocknen. Sie schmecken dann scharf, strohig und brennen viel zu schnell ab. Bei zu rascher und vor allem intensiver Feuchtigkeitszufuhr nach einem derartigen Malheur kann es zum Platzen der Deckblätter kommen – das Ende jeder Zigarre. Ein einmal trocken gefallener Humidor muss deshalb langsam und schonend wieder auf die gewünschte Feuchte „hochgefahren“ werden.