„Ich fördere den Feinschnitt.“

Feinschnitt
21.06.2012

Von: Redaktion Trafikantenzeitung
Die Aussage von KR Trinkl in der Ausgabe vom Mai 2012: „Der Feinschnitt ist die Gefahr für die Zukunft“, können viele Trafikanten nicht unkommentiert stehen lassen. Sie sehen den derzeit noch­­ günstigeren Tabak für Selbermacher vielmehr als Chance, denn als Risiko für ihre Umsätze.
Rita Rechter ist seit fast 30 Jahren eine Institution auf dem Wiener Karmelitermarkt

Rita Rechter: "Ich empfinde den Feinschnitt nicht als Bedrohung, weil ich damit gute Umsätze mache."

Wenn am Nachmittag die Zeitungen verkauft sind, stelle ich mir oft verschiedene Feinschnittdosen auf den Tresen. Die Leute sollen sehen, wie viele unterschiedliche Produkte ich im Programm habe, obwohl meine Trafik so klein ist. Denn es reicht nicht, sich zwei Sorten Tabak oben aufs Regal zu stellen und irgendwo auf Anfrage zwei, drei Sorten Papers hervorzuziehen. Wenn man etwas macht, dann richtig – und dazu gehört eine umfassende Auswahl sowie, dass man als Trafikant Ahnung von seinen Produkten hat und Empfehlungen aussprechen kann.

Wenn mir ein Raucher im Gespräch erzählt, dass er sich seine Zigaretten jetzt aus Ungarn besorgt, weil sie ihm in Österreich zu teuer geworden sind, so ist das kein Käufer von heimischen Fabrikszigaretten mehr – den hat die Tabakindustrie längst verloren. Feinschnitt ist hier sogar der Hebel, über den ich diesen Kunden zurückgewinnen kann: Ich frage in solchen Fällen, ob die Leute denn wissen, unter welchen hygienischen Bedingungen die billigen Ost-Zigaretten produziert werden – da gibt es meist große Augen. Wenn man dann auch noch eine Alternative anbieten kann, die günstiger als Schmuggelzigaretten ist, hat man schon fast gewonnen. Endgültig überzeugt man die Leute, wenn man ihnen vorführen kann, wie schnell und einfach so eine MYO-Zigarette gemacht ist.

Die Kunden kaufen dann nicht nur den Tabak, sondern auch die Filterhülsen und die Stopfmaschine bei mir, viele auch eine nette Zigarettendose. Oder eben die Papiere, Filter oder Pouch-Tascherl im Fall der Wuzler. Diese Produkte wollen vorfinanziert werden, dafür verdiene ich an diesen Dingen auch mehr als an Fabrikszigaretten. Ich würde schätzen, dass das Geschäft rund um den Feinschnitt mittlerweile im Bereich von 10–15 Prozent der Tabakumsätze liegt.

Wenn es einmal 20 werden sollten, ist es mir auch recht – eine Fifty-fifty-Situation oder ein völliges Verschwinden der fertigen Zigaretten sind ja keine reale Gefahr. In Summe ist mein Umsatz stabil geblieben. Mit einer höheren Besteuerung des Feinschnitts sind die betreffenden Kunden aber weg. Und das trifft dann die Trafikanten, die Industrie und den Staat gleichermaßen.

Erwin Kerschbaummayr: "MYO ist die letzte legale Chance für sozial schwache Raucher"

Ich habe mein Geschäft in einer Arbeitergegend, wo das Geld bei vielen Menschen knapp ist. Mit dem Rauchen ganz aufzuhören, kommt Gott sei Dank für die meisten nicht infrage, also suchen sie günstige Alternativen. Menschen, die aus finanziellen Gründen zum Feinschnitt greifen, stopfen meist ihre Zigaretten. Dieser Anteil hat in den letzten vier Jahren sicher um die Hälfte zugenommen. Und viele Raucher greifen zusätzlich zu den großen Volumentabakdosen, die bei mir inzwischen mehr als 50 Prozent ausmachen. Da geht es beinhart um den Preis und die Preis-pro-Stück-Rechnung. Der Wuzler ist Individualist und greift auch gerne zu naturbelassenen Tabaken – beim Stopfer spielt das kaum eine Rolle.

Von der Spanne gesehen verdiene ich am Feinschnitt mehr als an Fabrikszigaretten, nach Stückzahlen gerechnet wieder schlechter. Die weiteren Komponenten für Selbermacher wie Hülsen, Papiere, Filter etc. werten meine Spanne aber wieder auf. Natürlich wäre ein endlos wachsender Feinschnittanteil am Tabakmarkt nicht nach meinem Geschmack, aber das passiert ja auch nicht. Ich sehe den Feinschnitt als letzten Rettungsanker für sozial Schwächere, trotz Geldnot rauchen zu können. Bei einer höheren Besteuerung würde nur eine Minderheit der bisherigen Kunden gezwungenermaßen auf legale Zigaretten umsteigen. Der überwiegende Teil aber ginge an Eigenimport oder Schmuggelware verloren.