Pairing

Wenn Zigarren ihre Schoko-Seite zeigen

Zigarren
21.02.2024

Berufsbedingt denkt man bei südamerikanischen Genussmitteln an Tabak. Doch auch bei Kakao spielt die Herkunft eine Rolle. Und nicht nur deshalb verstehen sich Zigarren und Schokolade.
Pairing

Was zusammen wächst, schmeckt auch zusammen – dieser Regel folgen einige „Pairings“. Rum und Zigarre aus einem Herstellungsland wäre ein Beispiel, doch auch bei „Single Origin“-Kakao finden sich oftmals Tabakfelder als Nachbarn. Sich dem Zusammenspiel von Schokolade und Zigarre zu widmen, liegt also recht nahe. Doch zunächst einmal stellt sich die Frage, von welcher Schokolade die Rede ist, wenn es um die Genuss-Maximierung bei der Zigarre geht. Was das Format betrifft, ist sie schnell beantwortet. Denn Schokolade wird nie (!) zerbissen, wenn es um ihre optimalen Eigenschaften geht. Sie muss langsam schmelzen, um alle Facetten zeigen zu können. Das bedeutet, entweder größere Tafeln in Stücke zu zerbrechen oder gleich zu mundgerechten Täfelchen (hierzulande als Format der „Milka Naps“ bekannt) zu greifen, wie sie viele Top-Chocolatiers ohnehin anbieten. Domori und Amedei aus Italien, Valrhona (Frankreich) oder die belgischen Schokoladen von Neuhaus wären hier beispielhaft zu nennen.

Je dunkler, desto schwieriger

Doch das ist nur die Formatfrage. So wie sich ein Aficionado auch nicht mit der Angabe „Figurado“ oder „Robusto“ zufriedengibt, geht es nun um die geschmacklichen Details. Dazu muss man ein wenig Schoko-Kunde bemühen. Denn mittlerweile kennt der Markt fünf verschiedene „Farben“, die allesamt mehr oder weniger gut zu den Rauchwaren passen. Wie bereits in Trafikanten-Zeitung 8/2023 angedeutet, ist es beim Pairing immer gut, die von Sensorik-Experten so genannte „systematische Lücke“ im Geschmacksbild einer Zigarre zu füllen. Also jene Noten zu ergänzen, die ein Produkt nicht selbst bilden kann: Aufgrund der Trockenprozesse und des Gerbstoffs von Tabak sind das vor allem süße und säurige Noten. 
Dementsprechend schwierig wird es daher, mit der dunkelsten Schokolade („Bitterschoko“ jenseits von 70% Kakaoanteil) zu arbeiten. Zwar können sich im Einzelfall schöne Pairings ergeben, allerdings nur mit maximal mittelkräftigen „Sticks“. Wird die Intensität der Zigarre aber zu hoch, kommt es zum Überhandnehmen der bitteren Seite. Harmonie und Balance, nach der man im Zusammenspiel zweier Genussprodukte strebt, sehen anders aus!

Ein Geheimtipp namens „Ruby“

Am anderen Ende des Spektrums zeigen gleich drei „Farben“ im wahrsten Sinn des Wortes ihre Schokoladenseite: Weiß, Ruby und Blond. Während man weiße Schokolade kennt und gerne als zu süß ablehnt, bringen Blond und Ruby hier neue Geschmacksaspekte ein. Ruby als jüngster Zugang in der Chocolatier-Schublade (seit 2017 von Barry Callebaut erzeugt) verdankt die namensgebende dunkelrosa Farbe einer natürlichen Mutation. Zugleich bringt diese helle Schokolade auch eine natürliche Säure mit, die dezent an Himbeere erinnert. Damit passt sie wunderbar zu leicht öligen Formaten, etwa kubanische Coronas mit einem aktuellen „Box-Date“, also recht frisch in der Trafik eingelangten Puros. Ähnliches gilt für alle weißen Schokotäfelchen, die neben ihrer Süße eine auffällige Cremigkeit mitbringen – sie enthalten nämlich nur Kakaobutter, aber keinen Rohkakao. Damit sind sie die ideale Wahl zu den Kraftpaketen der Zigarrenwelt, gerne auch mit pfeffrigen Noten, wie sie etwa Nicaraguas Spitzenformate aus Estelí darstellen. 
Wem diese Süße ein wenig zu hoch ist, greift stattdessen zu der selten zu findenden „Blond“-Schoko. Im Osten Österreichs hat sie etwa der Wiener Hersteller „Xocolat“ im Angebot. Im Unterschied zur weißen Schokolade wird die (ebenfalls Kakaopulver-freie) Masse hier lange erhitzt, was einen Karamellisierungseffekt ergibt – und die Farbe erklärt. Sie ist ein helles Beige, wobei sich „Blond“ als attraktivere Bezeichnung dieser „Schoki“ etabliert hat. Charakteristisch für diesen Geheimtipp zu würzigen Zigarren mittlerer Intensität ist die milchig-cremige Note. Sie schmeckt nicht nur gut, sondern sorgt mit dem „oral coating“ genannten Effekt eines leichten Ölfilms für eine Art biochemischen Filter der kantigeren Zigarrenaromen. Vorausgesetzt, man lässt die blonde Schoko vorweg auf der Zunge zergehen.

Pairing
Nicht die Farbe, sondern die Säure macht „Ruby“-Schokolade zum Pairing-Tipp.

Wegen des „Films“: Schoki zuerst!

Diese Reihenfolge wäre auch die ideale, um die Raucharomen noch geschmeidiger wahrzunehmen. Dennoch sollte man auch versuchen, zuerst seinen Zug von der Zigarre zu nehmen und dann Schoko im warmen Rauch zu schmelzen. Vor allem bei der letzten Schoko-Farbe „braun“ alias Milchschokolade ergeben sich dadurch schöne Zusammenspiele, wenn die Süße und der Schmelz im Kostverlauf auf subtilere und/oder würzige Noten aus dem zuvor geschmeckten Rauch folgen. 
Alle diese für einen spannenden „pas de deux“ im Mund sorgenden Hinweise beziehen sich aber auf reine Schoko-Täfelchen, ohne Alkohol, Nüsse oder Früchte als Aromageber. Damit würde ein zu großes, diverses und höchst unterschiedlich passendes Feld an Zigarrenpartnern eröffnet. Eine einzige Geschmackszugabe sei erwähnt, weil sie vor allem mit Honduras- und Dom. Rep.-Zigarren feine Symbiosen ergeben kann: Schokolade mit Meersalz (fleur de sel). Für leichte Formate ergibt sich hier ein interessanter Akkord, der neben der Würze auch die mildeste Zigarre zu verlängern vermag. Wichtig ist aber auch hier, einiges auszuprobieren, denn zu viel Salz in der Schokolade vernichtet die Harmonie. Und das Match mit der Zigarre soll schließlich nicht zum Griff ins Braune werden!