Trafikakademie

Trafikanten
24.04.2012

Von: Redaktion Trafikantenzeitung

Finanzkrise, Nichtraucher-Kampagnen, sinkende Handelsspannen und die Unsicherheit über die baldige neue EU-Tabakrichtlinie - „Trafikant" ist heute ein recht komplexes Berufsbild, das weit über den Zigarettenverschleiß hinaus geht. Nicht nur, dass eine Vielzahl von Gesetzen beachtet werden will, die vom Monopolgesetz bis zum Jugendschutz reichen. In Bereichen wie Einkauf, Personal, Finanzplanung oder Steuern fordert eine Trafik heute einen echten Unternehmer.

Deshalb wurde 2010 in Niederösterreich die Trafikakademie für angehende Trafikanten als Pilotprojekt ins Leben gerufen. Nun wurde das mittlerweile bundesweite System vollständig überarbeitet: Zu der bisherigen reinen Theorieschulung gesellt sich ab April 2012 ein Praxisteil, der in Ausbildungstrafiken zu absolvieren ist. Am 8. März in Salzburg sowie am 22. März 2012 im Casion Baden präsentierte die Wohlfahrtseinrichtung der Tabaktrafikanten Österreichs den zukünftigen Ausbildungstrafikanten das neue Konzept.

Stufenweise zur Trafik
Eine deutliche Änderung gibt es vorweg im Verfahren, mit dem ein Trafikwerber zum Trafikanten wird. Hier ist nun allen weiteren Schritten ein persönliches Gespräch bei der Monopolverwaltung vorgeschaltet. MVG-Chefin Dipl.-Ing. Tina Reisenbichler sieht diese Auslese als notwendig an: „Im Gespräch lässt sich rasch abschätzen, ob der Interessent die persönlichen Voraussetzungen für die erfolgreiche Führung einer Tabaktrafik mitbringt. Dazu gehört beispielsweise ein mathematisches Verständnis sowie eine grundsätzliche unternehmerische Einstellung. Mindestens ebenso wichtig ist mir aber eine vernünftige Beherrschung der deutschen Sprache: Wer zum Termin bei mir sein Schulkind als Dolmetscher mitbringen muss ist definitiv ungeeignet."

Ist diese Vorauslese-Hürde bei der MVG erfolgreich genommen,  erhält der Trafikwerber Zugang zur Trafikakademie. Hier wurden einerseits die Inhalte neu aufbereitet, gleichzeitig aber auch die Skripten und Lernbehelfe in ihrer Qualität deutlich verbessert, wie WE und MVG einstimmig betonen.

Neu ist nun ein Praxisteil in Ausbildungstrafiken. In der ersten Tranche ab April 2012 sind drei Tage vorgesehen, in denen das Gelernte in der Praxis überprüft und gleichzeitig dem Werber Einblick in den fordernden Alltag eines Trafikanten gegeben wird. Ab Juli 2012 sind fünf Tage in zwei unterschiedlichen Tabaktrafiken geplant - einmal drei, einmal zwei Tage lang. Dies soll dem Trafikwerber Einblicke in verschiedene Unternehmen mit unterschiedlichen Sortimenten, Systemen und Herangehensweisen vermitteln. Im Anschluss an die Praxistage informieren die Ausbildungstrafikanten die Akademie über ihre persönlichen Eindrücke des Anwärters.

Nach dem Absolvieren von Theorie- und Praxisausbildung kann der Trafikwerber zur Prüfung antreten. Dafür wurde ein Katalog von 270 multiple choice Fragen erarbeitet, aus dem rund 70 Fragen pro Kandidat vorgelegt werden. Ab einer Quote von 51 Prozent richtiger Antworten gilt die Prüfung als bestanden. „Also keine Sorge, das ist keine Matura.", wie Bundesobmann Trinkl dazu im Hinblick auf Übernehmer nach § 31 meint. Die Entscheidung über die Zuteilung einer Tabaktrafik liegt wie bisher bei der Kommission aus Zollamt, Monopolverwaltung, Bundessozialamt, Wirtschaftskammer und Kriegsopferverband. Diese verfügt aber durch das Eingangsgespräch bei der MVG sowie die Rückmeldungen der Ausbildungstrafikanten nun über eine deutlich verbesserte Entscheidungsgrundlage.

Schulungsinhalte
Im Bereich der Warenwirtschaft spannt sich der Themenbogen von der Artikelanlage über korrekte Steuersätze, den Datenübertrag von und zur Kassa, Auswertungen und Inventur bis zum Automaten. Bestellwesen und Betriebsführung, Glückspiel, EH2000 sowie Trafikplus sind die weiteren Inhalte.

Mindestens ebenso wichtig wie das nüchtern Fachliche ist aber auch die Weitergabe von individuellen Erfahrungswerten. Fragen wie „Welche Produkte in welcher Menge kaufe ich von Raucherzubehör oder Saisonware ein? Wie gehe ich mit Lagerartikeln um, die noch Schilling-Preise tragen? Wie gestalte ich die Dienstplanung meiner Angestellten?" können dem zukünftigen Trafikanten einen teuren Lernprozess verkürzen und Anhaltspunkte vermitteln, wie er es später selbst machen könnte.

Genauso spielen aber auch zwischenmenschliche Erfahrungen eine Rolle. Niemand wird als Trafikant geboren, weshalb die Umstellung von zwei getrennten Angestelltenverhältnissen auf die tägliche Zusammenarbeit im eigenen Geschäft auch stabilen (Ehe-)Paaren oft Probleme bereiten kann. Ein weiteres Thema ist die Vorbildwirkung des Trafikanten als Chef: Wer selbst kettenrauchend hinter dem Tresen steht und seinen Kunden wortlos die Ware über die Budel schiebt wird dieses Verhalten bald auch bei seinen Mitarbeitern beobachten können. Viele dieser Aspekte werden für den Trafikwerber völlig neu sein.

Widerstände
Besonders aus der Gruppe der § 31-Nachfolger ist im Vorfeld häufig Murren über die verpflichtende Praxis in fremden Geschäften zu hören. „Ich bin in der Trafik meiner Eltern aufgewachsen und arbeite seit Jahren mit. Kann man mir nicht die Mitarbeit im elterlichen Geschäft anrechnen und den Praxisteil wegfallen lassen?" So lautet der Grundtenor zahlreicher Gespräche, die Frau Dipl.-Ing. Reisenbichler täglich führen muss. Sie selbst meint dazu: „Gerade bei Geschäftsübernahmen ist es sinnvoll, seinen Horizont zu erweitern. Oft möchten die Nachfolger später selbst alles anders machen. Sieht man dann, dass auch andere Berufskollegen auf eine bestimmte Art an Dinge herangehen, so relativiert sich Vieles. Nach der Praxis bekomme ich oft zu hören, wie gut der Einblick in eine fremde Tabaktrafik getan hat." Bundesobmann Trinkl erzählt gar von ersten Anfragen langjähriger Trafikanten, die nach Schnuppermöglichkeiten bei Kollegen fragen.

Aufwand & Nutzen
Die Arbeitszeit der Trafikwerber während der Praxistage ist mit mindestens acht Stunden pro Tag definiert. Dies ist auch jene Zeit, die dem Ausbildungstrafikanten maximal abgegolten wird. Die Aufwandsentschädigung für den Trafikanten liegt bei EUR 15,- pro Stunde - für drei Tage ergeben sich somit EUR 360,- und für zwei Tage EUR 240,-.

Der Praktikant muss dabei nicht von seinem Ausbildner angemeldet oder bezahlt werden. Natürlich können beide Seiten längere Arbeitszeiten vereinbaren, wenn es der Umfang des Stoffes oder - im Idealfall - das hohe Interesse des Werbers erfordern.

Grundsätzlich empfiehlt die Trafikakademie, die Praktikanten in verschiedenen Schichten arbeiten zu lassen: So kann die morgendliche Übernahme der Zeitschriften ebenso wie das Befüllen des Automaten oder die abendliche Abrechnung der Kassa durchgeführt werden. Ein wichtiges Grundprinzip lautet aber: gemeinsam. Spätestens wenn Bargeld oder (im Fall der Inventur) höhere Sachwerte ins Spiel kommen ist es schließlich auch im Eigeninteresse des Ausbildners, seinen Trafikwerber nicht unbeaufsichtigt zu lassen.

Wie werde ich Ausbildungstrafik?
Derzeit gibt es österreichweit rund 65 Ausbildungstrafiken, das Ziel ist eine Zahl von 100. Um die Trafikwerber möglichst in vollem Umfang in die wichtigsten Systeme einweisen zu können, sollten Trafikplus, EH2000, automatische Tabakwarenbestellung sowie Lotto, zumindest aber drei dieser vier Punkte vorhanden sein. Die Akademie achtet darauf, dass Ausbildner und künftiger Trafikant keine direkten Nachbarn sind - ein paar Rayons Abstand dürfen schon sein.

Damit soll vermieden werden, dass ein erfahrener Trafikant sein Know-How an einen direkten Mitbewerber weiter geben müsste. Die Zusage als Ausbildungstrafikant bedeutet übrigens nicht, dass  jeder Bewerber zu jedem vorgeschlagenen Termin akzeptiert werden muss.

Interessenten können sich gerne unter Tel. 01/799 51 61 55 oder per Mail [email protected] an Mag. Christoph Blieberger von der Trafikakademie wenden.

Matthias HAUPTMANN