Interview

„Zigaretten sind noch ein krisensicheres Geschäft“

Interview
22.08.2022

 
Alles wird teurer, den Kunden bleibt weniger im Börserl - wirkt sich das auf die Kauflust der Kunden aus? Wir haben nachgefragt.
Bei Lotto etc. werden jene Kunden immer seltener, die volle Scheine spielen.
"Noch ist der Verkauf von Tabakwaren stabil - das kann sich aber rasch ändern, wenn es den Kunden zu teuer wird!" meint Bundesvize und Wien-Obmann Andreas Schiefer im Gespräch.

Selbst vor dem Ukrainekrieg durchgeführte Studien thematisierten bereits die wachsende Zahl von Konsumenten, die sich jede Ausgabe gut überlegen müssen. Wie spürt man das in der Trafik? Ihr Stammgeschäft liegt ja in einem sozialen Brennpunkt, wo solche Entwicklungen vermutlich noch schneller und deutlicher spürbar sind.
Noch ist das nicht spürbar – nicht einmal ansatzweise. Ich habe damit gerechnet, dass der Tabakumsatz nach den Lockdowns wieder nach unten gehen wird, und gehofft, dass wir besser als 2019 dastehen werden. Beides ist passiert; die Rückgänge beim Tabak sind aber noch nicht der Rede wert. Vielleicht ist ein Gebiet mit niedrigen Haushaltseinkommen aber auch gar nicht so aussagekräftig: Die Leute stehen auf ihre Zigaretten und holen sie sich weiterhin.

Gibt es bei Tabakwaren eine deutliche Umstellung vieler Kunden von Zigaretten auf Dreh- und Stopftabak? Und von teureren auf günstigere Marken? Oder bleiben die Kunden bei ihrer Marke, besorgen sich diese aber zunehmend im Ausland oder am heimischen Schwarzmarkt? Wächst die Zahl der Kunden, die zwar weiterrauchen, aber keine Zigaretten mehr bei Ihnen kaufen?
Beim Feinschnitt habe ich ein hohes Niveau, das sich aber nicht nennenswert verändert. Tabak scheint etwas zu sein, was sich die Leute auch in Krisenzeiten leisten. Da gibt es auch keine Verlagerung zu günstigeren Marken – die Premiumzigaretten sind nach wie vor am stärksten.
Wenn es den Menschen aber einmal zu teuer wird, kann es schnell gehen. Wir sind halt von vielen Ländern umgeben, aus denen man sich per Ameisenschmuggel günstigere Rauchwaren holen kann, dazu kommen Arbeiter aus diesen Ländern, die ihrerseits Zigaretten mitnehmen. Aber beim Tabak ist die Krise offenbar zumindest derzeit noch nicht nachhaltig in den Geldbörseln der Menschen angekommen.

Wie sieht es bei Lotto, Toto und Sportwetten wie tipp3 aus? Helfen Großevents wie aktuell die Frauenfußball-EM im gleichen Ausmaß umsatzsteigernd, wie dies früher der Fall war?
Auch da geht es noch – ein Stück weit überraschend. Wir können die Kunden vielleicht halten. Die Frage ist, ob wir die Umsätze halten können. Gefährlich ist es, wenn die Menschen auf einzelne Tipps wechseln, weil ihnen der Schein zu teuer ist. Im nächsten Schritt wird dann nur noch gespielt, wenn es einen Jackpot, Dreifach-Jackpot etc. gibt.

Beim Wettgeschäft läuft es noch immer nach dem Motto: Wenn ich etwas gewonnen habe oder mir gerade Geld im Brieftascherl brennt, setze ich mehr. Aber leben tun wir vom Tabak.

In den vergangenen Jahren haben auch MVG und Großhändler vielfach versucht, mit neuen Produkten wie Kaffee, Eis oder Spirituosen und E-Loading-Angeboten die langfristigen Verluste beim Tabak auszugleichen. Welche Produkte haben sich hier bewährt?
Natürlich brauchen wir Anreizprodukte, welche die Kunden zu Käufen animieren. Nichts davon wird es aber schaffen, Verluste beim Tabak zu kompensieren.

Echtes Ersatzpotenzial für die Zigarette haben Nikotinprodukte wie die Pouches, E-Zigaretten und Co – alles, mit dem Nikotin aufgenommen werden kann. Pouches sind im Augenblick noch mehrheitlich ein Add-on-Produkt für Raucher, weil man sie auch dort verwenden darf, wo – wie im Flugzeug, bei Besprechungen etc. – das Rauchen nicht möglich ist.
Die Pouches sind aber gleichzeitig auch eine Gefahr: dass die Kunden völlig auf die Pouches umsteigen, der Finanzminister steuerlich durch die Finger schaut und die Verluste dann der Zigarette aufbürdet.

Das vollständige Interview können Sie ab 26. August in der druckfrischen Printausgabe der Trafikantenzeitung nachlesen.