Passivrauchen – Götterdämmerung der Wissenschaft
Über Jahrhunderte war die friedliche Koexistenz von Rauchern und Nichtrauchern eine Selbstverständlichkeit. Seit wenigen Jahren treibt ein medialer Trommelwirbel aber einen künstlichen Keil zwischen Menschen.


Die Politik lässt sich von Medien und der WHO in immer neue gesetzliche Verschärfungen für ein Problem treiben, das selbst nach Ansicht der meisten Nichtraucher nicht existiert. Dabei sind die kolportierten Opferzahlen ein statistisches Konstrukt, welches ohne eine einzige Patientenuntersuchung entstand. Umfangreiche Studien widerlegen, dass von Zigarettenrauch außerhalb des Organismus des Rauchers eine gesundheitsrelevante Gefahr ausgeht – doch sie werden ignoriert. Ein Buch beleuchtet die Hintergründe.
Die Meldung war dramatisch, die Zahl öffentlichkeitswirksam: 3301 Tote pro Jahr in Deutschland sollten alleine auf das Konto des Passivrauchs gehen. Noch dazu stammte die im Jahr 2006 veröffentlichte Meldung nicht aus irgendeiner obskuren Quelle, sondern vom bis dahin renommierten Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ in Heidelberg.
Für Öffentlichkeit und Medien stand die Glaubwürdigkeit der Aussage deshalb außer Frage – zudem war ja längst bekannt, dass Rauchen nicht förderlich für die Gesundheit ist, womit auch der Schluss nahe lag, dass auch die Umgebung eines, geschweige denn mehrerer Raucher mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechnen müsse. Militante Nichtraucher „hatten es schon immer gewusst“, der folgende Medienrummel wiederholte die Opferzahl mit religiöser Inbrunst. Was oft genug wiederholt wird, muss richtig sein?
Unsinn mit Folgen
Leider nein: Es gibt auch die populäre Information, die jeder kennt – nur ist sie leider falsch. Einer solchen verdanken Millionen von Kindern, dass sie von wohlmeinenden Eltern, Großeltern und Erziehern zum Verzehr des so verhassten Spinats gezwungen wurden – weil dieser „so viel Eisen enthält“. Irgendwie dürfte nie in gleicher Breite kommuniziert worden sein, dass der so segensreiche Spinat nicht mehr oder weniger Eisen enthält als jedes andere Gemüse – der Veröffentlicher hatte sich dummer Weise um den Faktor 10 geirrt …
Während beim Spinatirrtum lediglich Kinder auf Lebenszeit mit einer kulinarischen Antipathie ausgestattet werden, ist die Sache jedoch weitaus problematischer, sobald derartige Fehlinformationen als Basis von Gesetzen mit weitreichenden Folgen dienen. Und genau damit haben wir es beim Kampf gegen den Passivrauch zu tun.
Die Arbeit des Autors
Der mittlerweile pensionierte Leiter der Prävention der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe BGN, Prof. Dr. Romano Grieshaber, ist auch der Autor des vorliegenden Buches. Die BGN ist dabei kein kleiner Verein, sondern die gesetzliche Unfallversicherung von rund 400.000 deutschen Betrieben, mit bis zu 4 Millionen Beschäftigten und unter anderem für Berufskrankheiten, deren Behandlung oder – noch besser – Prävention verantwortlich.
Schon seit Ende der Neunziger, also lange vor dem Losbrechen der öffentlichen Diskussion, hatte man sich beim BGN mit dem Tabakrauch und seinen möglichen Auswirkungen auf die Versicherten beschäftigt. Schließlich geht es sowohl um ein Erkennen einer Gefahr als auch darum, für die Gesundheit sinnvolle Grenzwerte bzw. technische Verfahren für ihre Einhaltung zu entwickeln. Dazu wurden Messverfahren sowie raumlufttechnische Alternativen erarbeitet, Tausende Probanden vor Ort untersucht sowie der umfangreiche Datenbestand der Krankenkassen ausgewertet. Aus all diesen Bereichen entstand die wohl deutschlandweit größte Datenbank zur Passivrauchproblematik.
Unter den Forschern und Medizinern des BGN waren keine Raucher. Gleichzeitig wäre niemandem in den Sinn gekommen, die Grundannahme, Passivrauchen ist gefährlich für die Gesundheit, zu bezweifeln. „Wir waren mit Selbstverständlichkeit davon überzeugt, dass unsere Forschungsarbeit die bereits existierenden Forschungsergebnisse im Wesentlichen bestätigen würde …“, beschreibt Prof. Grieshaber die Ausgangslage.
Dazu war bekannt, dass Kellner die Berufsgruppe mit dem weitaus höchsten Anteil von Rauchern und Ex-Rauchern sind (zusammen um die 80 Prozent), also als aktive Raucher sowie berufsbedingte Passivraucher einem zweifachen und somit deutlich erhöhten Lungenkrebrisiko ausgesetzt sein müssten. Zur allgemeinen Überraschung wurden in Untersuchungen und Auswertungen jedoch keine auffällig erhöhten Krankheitszahlen für Lungenkrebs bei Kellnern gefunden. Im Gegenteil – verglichen mit anderen Berufsgruppen waren die Kellner sogar diejenigen mit der niedrigsten Zahl von Erkrankungsfällen. Dies galt jedoch nicht nur für Lungenkrebs, sondern für sämtliche Krankheiten, die nach Aussage des DKFZ in Zusammenhang mit Passivrauch gebracht wurden, also koronare Herzkrankheiten, Schlaganfall, plötzlicher Kindstod und COPD.
Bestätigung durch andere Studien
Auf der Suche nach Referenzmaterial stießen die Forscher auf eine Studie aus 1997, die das Lebenszeitrisiko (also auch nach dem Berufsleben) von 36 Berufsgruppen beleuchtete. In ihr waren Risikofaktoren wie aktives Rauchen sowie Asbest ausgeschlossen worden, und ihre Autoren fanden ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und Passivrauch. Auch amerikanische Untersuchungen von Stewards und Stewardessen fanden „ein bemerkenswert niedriges Risiko für Lungenkrebs bei weiblichen Flugbegleitern und kein erhöhtes Risiko für männliche Flugbegleiter, was darauf schließen lässt, dass Rauchen und Passivrauchen in dieser Gruppe keine wichtige Rolle spielt“, Darüber hinaus stellten die Autoren fest: „Die Mortalität an Herz-Kreislauf- und Schlaganfallerkrankungen sowie von Atemwegserkrankungen war deutlich reduziert.“ Die Daten des BNG waren also keine unerklärlichen Ausreißer, sondern der Regelfall.
Seltsame Methoden, fragwürdige Ergebnisse
Wie passen diese Ergebnisse nur mit der DKFZ-Studie zusammen? Die Mannschaft rund um Grieshaber nahm sich dazu nach wissenschaftlichen Kriterien die Passivrauch-Studie aus Heidelberg vor, die „umso mehr Kopfschütteln auslöste, je länger wir uns mir ihr befassten. Gar zu abenteuerlich war manches, was dort in vollem Ernst vorgebracht wurde, schon auf den ersten flüchtigen Blick“, kommentiert Prof. Grieshaber das Ergebnis.
Hahnebücherne Ansätze wie der italienische „Garagenversuch“, bei dem aufgrund eines für diese Aufgabenstellung unpassenden Messgeräts „nachgewiesen“ wurde, dass ein 30 Minuten in einem geschlossenen Raum laufender Dieselmotor weniger Feinstaub als drei Zigaretten ausstoßen sollte, waren nur ein kleiner Teil der Unsinnigkeiten. In der Altersgruppe, bei denen Daten zum Passivrauchen fehlen, ist ein auffälliger Rückkgang der Passivrauch-bedingten Todesfälle zu finden. Für die Erkrankungen Lungenkrebs und COPD wurden nur Nie-Raucher in die Berechnungen einbezogen, während bei Herzkrankheiten und Schlaganfall auch Ex-Raucher berücksichtigt wurden. Auch die Aufnahme der Altergruppe ab 79 Jahren wirft ein seltsames Licht auf die Verfasser der DKFZ-Studie: Schließlich leiden alte Menschen besonders häufig an einer Vielzahl von Krankheiten, welche einzeln besehen tödlich enden können. Welche dann wirklich die Todesursache war und ob für diese auch noch Passivrauch als Grund dingfest gemacht werden kann, ist allerdings hoch spekulativ.
Verwunderlich war zudem, aus welchem nachvollziehbaren Grund gerade alte und sehr alte Frauen einen hohen Anteil unter den Passivrauchtoten stellen sollten – schließlich sind dies keine häufigen Lokalbesucher und leben meist alleine (weil der vielleicht rauchende Mann schon verstorben ist) oder im (Nichtraucher-) Altersheim. Am seltsamsten war jedoch, dass von manchen Wissenschaftlern der Zugriff auf ihre Daten verweigert wurde – eine höchst ungewöhnliche Vorgehensweise. So war es weder dem BGN noch allen hinzugezogenen Wissenschaftlern möglich, die kolportierte Zahl von 3301 Toten nachvollziehen zu können.
Tabakrauch ist nur Rauch
Natürlich enthält Tabakrauch eine Vielzahl von gesundheitsschädlichen Stoffen. Diese Tatsache ist unbestritten, gilt jedoch auch für jedes beliebige Herdfeuer, jeden Waldbrand oder Vulkanausbruch. In Wahrheit ist das Kochen auf offenem Feuer die Hauptursache für Lungenkrebs in Entwicklungsländern. Auch das im Sommer bei uns so beliebte Grillen auf dem offenen Holz- oder Holzkohlefeuer ist nicht besonders gesund – und dennoch finden sich keine Warnhinweise auf Grillfleisch oder Holzkohleverpackungen.
Gleichzeitig wird die Angst vor Tabakrauch mit den aberwitzigsten Argumenten und Konstrukten geschürt. Ein wunderbares Beispiel ist der Begriff des „Rauchs aus dritter Hand“: Diesem sind Menschen ausgesetzt, die neben jemandem stehen, der zuvor neben einem Raucher stand. Absurd? Nicht für jemanden, dem jedes Mittel recht ist, um ein Gefahrenbewusstsein aufzubauen, wo keines bestand. Weil es nicht notwendig oder sinnvoll war.
Eine wissenschaftliche Diskussion findet nicht statt
Es ist ein Grundprinzip der erkenntnisorientierten Wissenschaft, Ergebnisse laufend zu hinterfragen und im Kollegenkreis kritisch zu diskutieren. Auf der Basis der eigenen Studie und mit der Absicht einer solchen Diskussion lud das BGN deshalb im Jahr 2007 – als einige deutsche Bundesländer bereits Rauchverbote in der Gastronomie eingeführt hatten – zu einem Symposium. Eine Diskussion der widersprüchlichen Resultate von DKFZ und BGN fand jedoch nicht statt: Die Anti-Tabak-Lobby beschränkte sich vielmehr darauf, sich gegenseitig den Ball zuzuspielen und statt die Inhalte der umfangreichen Grieshaber-Studie zu diskutieren, wurde den Wissenschaftlern des BGN pauschal die Befähigung abgesprochen, die Daten der DKFZ-Studie zu verstehen oder eine eigene Arbeit von wissenschaftlichem Wert zustande zu bringen. Schon am Folgetag wurde ein weiteres Argumentationspapier des DKFZ an sämtliche Medien ausgesendet. Als hätte das Symposium nie stattgefunden! und als wären nie anders lautende Ergebnisse aufgetaucht.
Hintergründe
Was bringt einen grundsätzlich anerkannten Wissenschaftler dazu, ein Thema für abgeschlossen zu erklären? „Die Datenlage zum Passivrauch ist derartig eindeutig, dass die Finanzierung weiterer Studien nicht mehr erforderlich ist.“ Als Aussage eines Wissenschaftlers nicht nur äußerst ungewöhnlich – sie regt auch zum Nachdenken an.
Eine weitere Merkwürdigkeit besteht darin, dass beim Passivrauch nie ein gesundheitlich unbedenklicher Schwellenwert definiert wurde. Nicht einmal ein Luftaustausch mit der Windstärke eines Tornados sei imstande, die Schadstoffe des Tabakrauchs vollständig aus der Raumluft zu entfernen. Zwar gibt es für krebserregende Stoffe keinen unteren Schwellenwert. Gleichzeitig sind Menschen zu jeder Zeit und an jedem Ort ihres Lebens derartigen Stoffen ausgesetzt – ob Zuhause, auf der Straße, im Büro, ja selbst im Wald. „Sie sind nicht imstande, an dieser Tatsache etwas zu ändern, es sei denn, Sie entscheiden sich, das Atmen ganz einzustellen – was Sie aber kaum gesünder machen wird“, schreibt Grieshaber ironisch zu dieser Tatsache, betont aber zugleich auch die gute Nachricht: „Unsere Lebenserwartung ist trotz einer ständigen Zunahme der Gesamtsumme der Gefahrstoffe, die wir einatmen, in den letzten Jahren immer gestiegen, nicht gesunken.“ Die wahren Gründe für den nachgerade hysterisch geführten Kreuzzug gegen den Tabak können also nicht in der Sorge um die Gesundheit liegen.
WHO: World War on Tobacco
Die Weltgesundheitsorganisation hatte – unterstützt von der bekannt finanzkräftigen Pharmaindustrie – einige Jahre zuvor den „Weltkrieg gegen den Tabak“ ausgerufen. Diesen Titel haben weder Grieshaber noch der Verfasser dieser Zeilen gewählt – er stammt von der WHO. Und wer Krieg führt, macht keine Kompromisse oder Gefangene. Es zählt nur der Endsieg. Ein Wort, das beim letzten Mal, als es häufig verwendet wurde, zwar viele Opfer forderte, nicht aber zum Sieg führte.
Die WHO ist dabei nicht nur zentral aufgestellt; sie hat auch Kollaborationszentren in jedem Land, welche für diese Tätigkeit mit einem eigenen Budget ausgestattet werden. In Deutschland ist dies das Krebsforschungszentrum Heidelberg, auch bekannt unter seinem Kürzel DKFZ. Es bedarf nur wenig Fantasie, um sich vorzustellen, wer hier bestimmt: die Wahrheit oder das Geld. Einseitiger medialer Druck sowie der Appetit, auch ein Stück vom Anti-Raucher-Kuchen der WHO abzubekommen, haben weitere Institute und Wissenschaftler zur Teilnahme am Kreuzzug gegen den Tabak motiviert. Ganz nach dem Motto: „Wenn ich brav zuarbeite, werde ich auch belohnt werden.“ Auf dem Weg zu diesen Geldtöpfen ist jedes Mittel recht; nicht nur, dass Fakten verdreht werden, hier wird gelogen, betrogen, unterdrückt, diskreditiert, …
Land in Sicht
Es gibt jedoch eine gute Nachricht: Der WHO könnte bald das Geld für ihre Mitstreiter knapp werden. Denn die Pharmaindustrie hat sich – ausgehend von den USA – ein neues Ziel gesucht. Das Übergewicht ist die neue Verkörperung des Bösen. Sie haben dem Druck nachgegeben und mit dem Rauchen aufgehört? Und haben deshalb zugenommen? Dumm gelaufen! Nun gehören Sie schon wieder zur Zielgruppe einer Bevormundungskampagne.
Es stellt sich nun die Frage, ob die losgetretene Anti-Tabak-Lawine noch von der ständigen Förderung durch die WHO abhängig ist und ob sie sich nicht längst verselbständigt hat. Eine Rückkehr zu einer sachlich fundierten Argumentation jenseits von medial ausgetragenen Feldzügen könnte die Situation rasch beruhigen. Die Frage ist nur, ob dies auch politisch gewünscht wird. Für einen starken Einfluss auf die ins Haus stehende neue Tabakrichtlinie könnte es jedenfalls knapp werden.
Zumal die Medien als Verbündete der Raucher ohne Budget und ausschließlich auf sachlicher Ebene gewonnen werden müssen. Als Folge des Tabakwerbeverbotes ging dieser ehemals profitable Bereich den Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsendern als Einnahmequelle verloren. Die Blattlinie änderte sich in vielen Fällen rasch zu einer besonders raucher- und tabakfeindlichen Haltung.
Fazit
Professor Grieshabers Buch ist eine lohnenswerte Lektüre, um die Argumente der Tabak-Kreuzritter zu entkräften. Gleichzeitig ist es sperrig und verlangt Beschäftigung und Zeit. „Passivrauchen – Götterdämmerung der Wissenschaft“ ist keine Lektüre für nebenher. Manche Passagen sind voll trockener Information und Erklärungen, während sich andere wie ein spannender Krimi lesen lassen.
Für den interessierten und engagierten Leser problemlos verdaulich ist es für die breite Masse jedoch nicht wirklich geeignet. Hier würde eine Kürzung sowie eine Konzentration auf das Wesentliche gut tun – einfach ein etwas simplifizierter und noch populärwissenschaftlicher Zugang. Dies ist nicht dem Autor anzulasten; Prof. Grieshaber ist nun mal Wissenschaftler und nicht Journalist oder hauptberuflicher Autor. Beim Lesen bewundert man wiederholt sein Bemühen, sachlich und unpolemisch zu bleiben, wenn man liest, mit welchen Mitteln er, seine Arbeit sowie die Mitarbeiter des BGN diskreditiert wurden und werden.
Für Journalisten von Publikumsmedien – und hier ganz besonders für die spezialisierten Enthüllungs- und Skandalschreiber – ist die Wahrheit über die große Lüge des Passivrauchs jedenfalls ein gefundenes Fressen. Und würde auf diesem Weg rasch verbreitet werden.