Tabakanbau

Klimawandel: Sind die Tabakernten bedroht?

Klimawandel
21.08.2023

Lange Zeit wurden Tabakkonsum und -anbau als Mitverursacher der Klimakrise an den Pranger gestellt. Jetzt scheint der Spieß umgedreht: Den Anbau und damit die Wirtschaft ist gefährdet
Dürre

Die Tabakwirtschaft muss sich ja traditionell viele Anfeindungen gefallen lassen. Da ist es auch nur schlüssig, dass beim internationalen Top-Thema Nummer Eins, dem Klimawandel, der erprobte Prügelknabe natürlich auch immer ganz vorne auf der Pfui-Liste steht. Nicht ganz zu Unrecht leider, ausreichend viele Studien belegen, dass der globale Anbau und Konsum von Tabak einen messbaren Anteil an den CO2-Emissionen hat. So gehen Schätzungen davon aus, dass bei der Tabakproduktion jedes Jahr 80 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalent emittiert werden. Herstellung und Vertrieb sind besonders kohlenstoffintensiv und verursachen Kohlenstoffemissionen, die etwa drei Millionen Transatlantikflügen entsprechen. Das ist nicht nichts, zum Vergleich: der weltweite gesamte Schiffsverkehr produziert knapp eine Milliarde Tonnen CO2.

Es gibt immer zwei Seiten

Was aber bei dem Bashing der Tabakindustrie, ob gerechtfertigt oder nicht, immer gerne vergessen wird, ist die immense Bedeutung für die Wirtschaft. So werden jährlich weltweit rund 900 Milliarden Euro mit Tabakwaren umgesetzt, daraus werden 137 Milliarden Euro an Steuern fällig.
Die führenden Tabakkonzerne auf der ganzen Welt beschäftigen jeweils zehntausende Menschen in ihren Niederlassungen, die Grundlagenarbeit, nämlich den Anbau der Pflanze, leistet ein wesentlich größere Gruppe: es wird geschätzt, dass rund 13 bis 17 Millionen Menschen vom Tabakanbau leben. Wiewohl hochentwickelte Länder wie China, Brasilien, Indien und die USA die Liste mit der höchsten Produktion anführen, landen vor allem afrikanische Nationen auf den Plätzen: Simbabwe, Sambia, Tansania, Malawi oder Mosambique gehören zu den größten Lieferanten für Tabak am afrikanischen Kontinent, der in Summe für immerhin rund 12 % der weltweiten Ernte verantwortlich zeichnet. Immerhin.

Tabakanbau
Noch ist der Tabakanbau in Regionen wie Indonesien ertragreich und idyllisch. Noch.

Anbau: einfach – oder doch nicht?

Die Tabakpflanze bietet dabei vielen Bauern in Afrika eine wirtschaftlich stabile und vor allem unkomplizierte Alternative zu anderen Feldfrüchten, das enorme Wachstum von Anbauflächen in den letzten Jahrzehnten spricht da eine deutliche Sprache. Das birgt natürlich auch gewissen Gefahren, wie die Rodung von Wäldern, Mangel an Anbauflächen für Nahrungsmittel und Auslaugung der Böden; nichtsdestotrotz schafft der Tabakanbau aber auch in armen Regionen die Grundlage für Arbeit und Einkünfte. Vor allem deshalb, weil der große Kontinent genug Platz und vor allem das passende Klima für die Tabakpflanze hat.

Klima als Tabakkiller

Genau da liegt aber momentan, und mit Sicherheit in Zukunft, das große Problem. Denn die Pflanze braucht, so wie jede andere Kulturpflanze auch, stabile und vorhersagbare klimatische Verhältnisse. Da ist sie nicht anders als die Marille in der Wachau oder der Wein im Burgenland. So wie diese Agrarflächen aktuell in unseren Breiten durch unvorhergesehene Frost-, Hagel- oder Sturmunwetter heimgesucht werden, häufen sich auch in den tropischen Regionen Wetteranomalien. 

In Simbabwe verringern kürzere und unregelmäßigere Regenzeiten die Qualität und Quantität der Tabakernte, insbesondere für Kleinbauern, die sich keine Bewässerungssysteme leisten können und stattdessen auf Regenfälle angewiesen sind. Auch in der Tabakanbauregion Temanggung in Indonesien ist das Phänomen der späten Tabakernte immer häufiger zu beobachten. In dieser Region haben die Landwirte Einkommensverluste erlitten, da die Unternehmen Tabakblätter aus anderen Regionen kaufen, in denen die Ernte früher im Jahr stattfindet. Zwar haben Landwirte in Tabakanbaugebieten, die stark von der Klimakrise betroffen sind, Anpassungs- und Abschwächungsstrategien entwickelt, um die Rentabilität ihrer Tabakkulturen zu erhalten, z. B. Bewässerungssysteme und spätere Ernten. Untersuchungen zeigen jedoch, dass mittlerweile selbst mit diesen Anpassungen der Anbau von Tabak oder Mais risikoreicher ist als der von traditionellem Getreide. Über kurz oder lang wird also aus wirtschaftlichen Zwängen die Anzahl der Tabakbauern zurückgehen.

Mittelfristig wird sich das alles auf die verfügbaren Mengen an Rohtabak auswirken, langfristig auch auf die Qualität. Tabakprodukte werden also nicht nur teurer, sondern auch minderwertiger. Wie sich das dann auf die Produktions-, Einkaufs- und Endkundenpreise auswirkt, liegt auf der Hand. Der Klimawandel wirkt sich auf alle aus.