Die Trafikvergabe muss neu aufgestellt werden

Vergaberecht
20.09.2021

 
Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wird sich in der Ausschreibung und Vergabe von Trafiken vieles ändern müssen. Wir fassen das komplexe Thema zusammen.
Die Entscheidung des VwGh, dass Trafiken als Konzessionen ausgeschrieben werden müssen, hat großes Sprengpotenzial und schafft eine Menge Unsicherheiten. Die Trafikvergabe der MVG muss nun so organisiert werden, dass sie laut Tabakmonopolgesetz, aber unter Respektierung des Bundesvergabegesetzes für Konzessionen erfolgt.

Eine EU-Richtlinie aus 2014 war als österreichisches Bundesvergabegesetz BVerGKonz 2018 umgesetzt worden. Dieses regelt die Vergabe von Konzessionen. Der VwGh qualifiziert den Bestellungsvertrag zum/zur TrafikantIn als Dienstleistungskonzession, da mit ihr das alleinige Recht zum Verkauf einer Ware aus einem staatlichen Monopol ermöglicht wird und der Konzessionsnehmer (TrafikantIn) das wirtschaftliche Risiko trägt. Für die Vergabe einer Trafik nach dem Tabakmonopolgesetz TabMG sind deshalb die Bestimmungen des BVergGKonz anzuwenden.

Das ist anders

Konzessionen werden – anders als bislang die Bestellungsverträge für Tabakfachgeschäfte – verpflichtend befristet vergeben. Für die Neuausstellung einer Konzession kann sich im Rahmen der EU-weiten öffentlichen Ausschreibung auch der bisherige Inhaber bewerben. Er hat aber keinen Rechtsanspruch auf Wiedererteilung. Einspruch gegen eine Entscheidung kann künftig beim Bundesverwaltungsgericht (bisher Besetzungskommission der MVG) eingelegt werden.

Für die Anwendung falscher Vergabeverfahren sieht das Bundesvergabegesetz einen Strafrahmen bis zu 20 % vor. Für eine Trafik mit 1 Mio. Euro Tabakumsatz und einer Konzessionslaufzeit von zehn Jahren läge der Strafrahmen für die MVG somit bei maximal 2 Mio. Euro. Eine Vererbung oder freihändige Weitergabe einer Konzession ist so nicht vorgesehen.

Das bleibt gleich

Die MVG führt weiterhin die Ausschreibungen bzw. die Konzessionsvergaben durch. Gültige Bestellungsverträge sind von der Neuregelung nicht betroffen und bleiben aufrecht.

Die Probleme

Ein Konzessionssystem schließt eine Weitergabe an Familienangehörige wie bislang nach §31 TabMG eigentlich aus. Diese müssten sich wie jeder andere Konzessionswerber auf die Ausschreibung bewerben und hätten kein „automatisches“ Nachfolgerecht.

Für einen Vergabestillstand sorgen schon alleine die horrenden Strafen: Die Monopolverwaltung wird sich hüten, vor dem Bestehen einer rechtlich wasserdichten Neuregelung Tabakfachgeschäfte auszuschreiben und Strafzahlungen in Millionenhöhe zu riskieren.

Dazu kommt, dass eine zeitbegrenzte „Karriere“ als Trafikant weitere Unsicherheiten schafft: Was tun, wenn man bei der Neuausschreibung nicht wieder zum Zug kommt? Zahlt es sich überhaupt noch aus, ein Geschäft bestmöglich weiterzuentwickeln und in die Ausstattung zu investieren? 
Wie kann es weitergehen, wenn die eigene Trafik vor Erreichen des Pensionsalters schlagartig weg ist? Hat ein Mensch mit Behinderung – dazu meist in der Altersklasse 40plus – eine Chance auf dem Arbeitsmarkt? Wo bleibt dann die so gern gelobte soziale Ausrichtung des Tabakmonopols?
Und wie verändert sich der Wert eines Tabakfachgeschäfts, wenn es nicht mehr innerfamiliär weitergegeben werden kann oder ein Erwerber nur einige Jahre Zeit für eine sichere Amortisation seiner Investitionen hat? Rasselt die „Ablöse neu“ damit schlagartig in den Keller?

So kann es weitergehen

Die MVG ist in Gesprächen mit dem Bundesgremium und mit auf Vergaberecht spezialisierten Juristen fieberhaft auf der Suche nach einer dem VwGh-Erkenntnis entsprechenden Vergabelösung. Mit November 2021 hofft die MVG den neuen Modus gefunden zu haben, um dann wieder Geschäfte ausschreiben zu können. Nicht zuletzt geht es dabei auch um die Frage der Befristung. MVG-Geschäftsführer Hannes Hofer dazu: „Es gibt im Vergaberecht die Vorgabe, dass der Vertrag ‚auf eine bestimmte Zeit‘ abgeschlossen werden muss. Wir werden versuchen, diese Vorgabe maximal flexibel auszulegen. Dazu haben wir noch einige Fragen zu klären, die wir auch mit dem Bundesgremium abstimmen werden.“ Dem Monopolchef zufolge gibt es in allen anderen europäischen Ländern mit Tabakmonopol (Ungarn, Italien, Frankreich und Spanien) eine Befristung. Anders als in Österreich sind diese Monopole aber nicht als Versorgung für Menschen mit Behinderung ausgelegt. 

Auf die Frage, ob sich der soziale Versorgungs-Grundcharakter des Tabakmonopols in Verbindung mit dem BVerGKonz aufrechterhalten lässt, meint Hofer: „Definitiv ja! Wir bekommen unglaublich viele Angebote von Vergaberechts-Experten, die dabei mithelfen wollen, dass genau das sichergestellt bleibt. Juristisch sind wir extrem gut aufgestellt – wir haben Spezialisten für Vergaberecht aus der Bundesbeschaffung, einer Rechtsanwaltskanzlei sowie von der Universität in unserem Team.“

Diese Juristen beschäftigen sich auch mit der brennenden Frage, wie die bisherige §31-Regelung fortgeführt oder ersetzt werden kann – und ob überhaupt. Hannes Hofer meint dazu: „Wir haben großes Verständnis dafür, dass durch dieses Urteil große Verunsicherung ausbricht – gerade unter jenen, die die Trafik der Eltern übernehmen wollten. Da muss es rasch eine Lösung geben, diese muss aber klagsfest sein und dauerhaften Bestand haben. Wir versuchen als MVG, die Trafikantinnen und Trafikanten zu diesem Thema proaktiv über unseren Newsletter und die Homepage zu informieren. Bitte nutzen Sie diese Möglichkeit auch!“