„Als ob das Bargeldhandling gratis wäre ...“

Interview
14.09.2020

 
Aufgrund der Zunahme unbarer Zahlungen und häufiger Klagen von Trafikanten über die damit einhergehenden Gebühren haben wir den stellvertretenden Bundes- und Wien-Obmann Andreas Schiefer zum Thema befragt.
Andreas Schiefer: „Speziell im neuen Geschäft im Nordbahnviertel ist die bargeldlose Bezahlung jetzt schon sehr stark. Dazu kommen noch Dinge wie Apple Pay.“

Schon vor Corona waren Klagen über steigende Kosten für bargeldlose Bezahlung laut geworden. In welchem Tempo nimmt diese Zahlungsart denn zu?
Rapide jedenfalls. Corona hat diese Entwicklung, möglichst nix anzugreifen, noch befeuert. Inzwischen sehen das aber auch immer mehr Kollegen differenzierter – wer will schon die zerknitterten Fünfer aus der Badehose angreifen? Manche haben dafür sogar die Automaten ganz auf bargeldlose Bezahlung umgestellt, womit das gesamte Klein- und Wechselgeldhandling entfällt. Außerdem hat der Kunde seine Bankomatkarte ja ohnehin schon in der Hand. 

Wie sieht dann die Perspektive für die nähere Zukunft aus?
Langfristig wird uns nichts anderes übrig bleiben, als solche Zusatzkosten an die Kunden weiterzugeben. Bei den Nebenartikeln geht das ja jetzt schon – aber insgesamt wird die Kalkulation immer spannender. Da gibt es Trafikanten, die sehr gut kalkulieren. Und andere, die gerade bei dem Sortiment, das wir selbst gestalten können, viel zu selten oder gar nicht nachschauen. Es wird ja alles teurer – warum dann nicht auch ein BIC-Feuerzeug oder ähnliche Artikel? 

Mein persönlicher Ansatz zu diesem Thema ist folgender: Ich werde sehr genau ansehen, ob ich ein Produkt führe oder nicht. Entscheide ich mich dafür, dann biete ich das an und akzeptiere auch die unbare Zahlung. Aber man hat gerade im Shutdown gesehen, dass wir unsere Umsätze mit wenigen rentablen Produkten machen. Und wo die Marge gut ist, akzeptiere ich auch die Kartenzahlung für ein paar Euro. 
Für Diskussionen mit den Kunden exponiere ich weder mich selbst und schon gar nicht meine Mitarbeiter – die können in einem solchen Fall nämlich nur ver­lieren.

Die Klagen über die steigenden Zahlungskosten klingen so, als wäre Bargeld gratis. Wie sieht hier die Realität aus?
Das wird in Wirklichkeit nie betrachtet. Wenn ich mir anschaue, wie oft ich einen Zehner in der Kassa angreife, kommen ganz schöne Zeiten zusammen. Wir müssen jeden Schein über 20 Euro bei der Annahme einzeln prüfen. Bei jedem Kassatausch oder der Abschlusskassa am Abend sind schnell eine bis eineinhalb Stunden zusammen – mit zwei Kassen und Teilzeitmitarbeitern wird sechsmal am Tag Kassa gemacht. Im Monat kommt man so auf vorsichtig geschätzte 25 Stunden – und das funktioniert nur, wenn alles passt. Dazu kommen die Automatenabrechnungen, die Zeit, um die Kohle auf die Bank zu tragen und und und. Insgesamt kommen da leicht 40 Stunden im Monat zusammen. 
Selbst bei Annahme von nur 15 Euro pro 40 Mitarbeiterstunden, niedrig bewerteter eigener Zeit und einer günstigen Versicherung kostet das Bargeldhandling schnell einmal mehr als 800 Euro im Monat! Da sind Betrügereien, Wechselfehler etc. noch gar nicht berücksichtigt. 
Mir ist bewusst, dass wir noch nicht so weit sind, das Geschäft bargeldlos zu führen – aber das ist die Zukunft. Und was ist schlecht daran, sich dann statt einer 40-Stunden-Kraft eine 20-Stunden-Kraft zu leisten, weil weniger Nebenarbeit anfällt? 

Das vollständige Interview mit Andreas Schiefer können Sie ab 18. September in der druckfrischen Trafikantenzeitung nachlesen.