Wirte machen juristisch gegen das Tabakgesetz mobil
Auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom Sommer 2013 gehen Gastronomen nun unterschiedliche Wege im Kampf um Rechtssicherheit und den Wert ihrer Investitionen. (mh)

Nach der Gesetzesinterpretation des Verwaltungsgerichtshofes im Juni dieses Jahres muss der in der Praxis meist als Raucherbereich gestaltete Schankraum der „Hauptraum“ aller Lokale sein – und dieser muss laut Tabakgesetz rauchfrei sein. Gastronomen in ganz Österreich hatten zuvor rund 100 Mio. Euro für eine gesetzeskonforme Trennung in Raucher- und Nichtraucherbereiche investiert. Nun hagelt es auf Basis des VwGH-Erkenntnis erste Strafen für Lokalinhaber, die sich nach bestem Gewissen an das Tabakgesetz gehalten hatten.
Amtshaftungsklage
Heinz Pollischansky, der Betreiber der „Centimeter“-Lokale sowie der „Stiegl Ambulanz“, sieht sich um seine Investitionen betrogen: Er hatte sich für die Umbauten in Raucher- und Nichtraucherbereiche an die Auskünfte des Ministeriums gehalten und eng mit den Behörden zusammen gearbeitet. Er bringt deshalb mit Unterstützung des WKO-Fachverbandes Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich ein: „Herr Pollischansky hat sich bei seinen Umbauten an die Auskünfte des Ministeriums gehalten – die jedoch dem Erkenntnis des Höchstgerichts widersprechen. Mein Mandant wurde von den Behörden in die Irre geleitet. Für den entstandenen Schaden haftet die Republik.“ meint Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Zorn.
Verfassungsklage
Einen ganz anderen Weg geht der Schlossquadrat-Gastronom Stefan Gergely. Er hatte noch vor Inkrafttreten des aktuellen Tabakgesetzes Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof VfGH eingebracht, weil die Formulierung „wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räume dringt“ technisch unmöglich umzusetzen sei. Der VfGH hatte darauf hin festgestellt: „Der Zweck dieser Regelung besteht darin, Nichtraucher vor Gesundheitsgefährdung zu schützen.“ Damit ist festgelegt, wie weitere Gerichte das Gesetz zu interpretieren haben.
Mit dem Verwaltungsgerichtshof hat nun ein zweites Höchstgericht ganz anders entschieden. Ein ehemaliger Jurist des Innenministeriums, Dr. Szymanski, erklärt, wie in solchen Fällen verfahren wird: „Folgen andere Gerichte der Rechtsauffassung des VfGH nicht, so kippt dieser jene Teile des Gesetzes, deren verfassungskonforme Auslegung offenbar nicht möglich ist. Die schon einmal hinterfragte Formulierung sowie der Begriff des im Gesetz nicht näher definierten Hauptraums wären damit zu streichen.“ In Folge wäre das Urteil des VwGH nicht mehr anwendbar, der bisherige status quo also zweifelsfrei legalisiert.
Vertrauensschutz
„Ein Bürger – egal, ob als Privatmann oder Unternehmer – muss sich auf Rechtssicherheit verlassen können, wenn er sich an Gesetze hält. Ein neuerlicher Eingriff des Gesetzgebers (hier der VwGH), der im Vertrauen auf bestehende Gesetze getätigte Investitionen entwertet, ist verfassungswidrig.“ bringt Dr. Szymanski eine weitere Facette ins Spiel. Die Gastronomie und Hotellerie wehrt sich derzeit mit zwei unterschiedlichen Ansatzpunkten gegen die Auswüchse der Regelungen rund um den Tabak. Wir wünschen viel Erfolg!